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Magdeburger Originale, 1976

Roßdeutscher, Eberhard

Die Magdeburger Originale illustrieren sechs Magdeburger und ihre kauzigen Eigenheiten. Sie sollen angeblich um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in Magdeburg gelebt haben und mit ihren Eigenarten stadtbekannt gewesen sein.

Der "Lusebenecke" hieß Julius Benecke und hielt wenig von Körperpflege, so dass er sich ständig am ganzen Körper kratzte. Läuse plagten ihn ebenso wie seinen Hund. Wenn er durch Betteln etwas zugesteckt bekam, führte er einen unbeholfenen Freudentanz auf.

Die "Blutappelsine" verdankte ihren Namen den roten Wangen, die sie dem Stehen auf dem Markt bei jedem Wetter verdankte. Die roten Pausbäckchen der geschwätzigen Marktfrau sollen mit den Südfrüchten um die Wette geleuchtet haben. Auch die "Kurven" der "Blutappelsine" sollen ihren Apfelsinen ähnlich gewesen sein.

Der "Schlackaffe" war Landstreicher, Fischhändler und Naturliebhaber. Den beim Fischfang ergatterten Frischfisch steckte er in seine mit Wachstuch gefütterten Taschen seines Jacketts und verkaufte sie an Hausfrauen der Umgebung. Den Erlös setzte er in einer der Destillen sofort um.

Der "Feuerkäwer" war wohl der bekannteste weibliche "Stromer" des alten Magdeburg. Feuerrote lange wellige Haare und ein zerschlissenes Schleppenkleid waren ihre Erkennungszeichen. Einem hochprozentigen Schluck war sie nie abgetan, ihre Vorratsflasche trug sie in einer Unterrocktasche stets bei sich.

Der "Affenvater" war der Hofmusikant des alten Magdeburg. Er wurde so genannt, weil er ein kleines Äffchen auf seinem Leierkasten tanzen ließ, das zusätzliche Almosen für sein musikalisches Herrchen verdienen sollte.

Der "Fliejentutenheinrich" verkaufte einfach gedrehte Tüten, die mit Leim bestrichen waren. Sie waren die Fliegenfänger seiner Zeit. Für wenige Pfennige brachte er seine "Fliejentuten" unter die Leute.

Über den Künstler

Eberhard Roßdeutscher war Bildhauer, Plastiker und Restaurator (geb. 28.01.1921 in Weißenfels,

gest. 27.05.1980 in Magdeburg).

Nach der Schulzeit in Magdeburg lernte R. 1937/40 Steinmetz und Steinbildhauer im Betrieb seines Vaters, des Bildhauers Max R. Hier kam es zu ersten Begegnungen mit Magdeburger Künstlern, u. a. mit Franz-Jan Bartels. Gleichzeitig besuchte er Abendkurse an der Schule für Graphik und Gestaltendes Gewerbe Magdeburg.

1945 wurde er als künstlerischer Nachwuchs im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands bei Bruno Beye, Herbert Stockmann und Hermann Bruse aufgenommen. 1946 nahm er an der Staatlichen Kunstschule Bremen bei Herbert Kubica ein Studium auf, wurde 1949 Mitglied der Kammer der Kunstschaffenden Sachsen-Anhalts; hier kam es zu Begegnung mit Gustav Weidanz, Richard Horn, Gerhard Geyer u. a.

Von 1955 bis 1963 wirkte er als Gastdozent an der Kunstschule in Magdeburg. R., der seit 1952 freischaffend in Magdeburg arbeitete, wandte sich 1954 der Arbeit an der Kleinplastik zu und schuf vor allem Porträt- und Tierplastiken (u. a. Brunnenplastik Flamingos, Schönebeck/Elbe, 1957). 1961 schloß er mit dem VEB Schwermaschinenbau Georgi Dimitroff Magdeburg einen Werkvertrag ab und begann die Arbeit am Mahnmal der Magdeburger Widerstandskämpfer. Seit 1967 nahmen Denkmalgestaltungen und größere plastische Ensembles immer breiteren Raum in seinem Schaffen ein.

1975 initiierte er die nun jährlich ausgetragenen Bildhauersymposien in Ummendorf, an denen er bis 1978 teilnahm. Gesundheitlich bedingt, wandte er sich anschließend erneut der Kleinplastik (Kleinbronzen und -terrakotten) zu. R. wirkte neben seiner künstlerischen Arbeit in vielfältigen kulturpolitischen Gremien mit und wurde mehrfach geehrt.

WERKE

Denkmale und plastische Gestaltungen

: Steinschnitt am Bärbogen zum Wiederaufbau Magdeburgs, 1952

: Mahnmal Langenstein-Zwieberge, Bronze 1969

: plastisches Ensemble Der Fährmann, Elbuferpromenade Magdeburg, Kalkstein 1972/74

: sechs Magdeburger Originale, Fischerufer Magdeburg, Kalkstein 1976

: plastisches Ensemble Telemann und die 4 Temperamente, Bronze/Porphyr, 1981

RESTAURIERUNGEN

: sechs Schlußsteinköpfe und Giebelfigur am Barockhaus Domplatz 7, Magdeburg, Sandstein 1955

: Wandgestaltung mit 14 restaurierten Hauszeichen, Buttergasse am Alten Markt Magdeburg.

(Quelle: uni-magdeburg.de)