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Kunst am Bau: Siegerentwurf für Brückenwiderlager vorgestellt

Der Wettbewerb zur künstlerischen Gestaltung der Brückenwiderlager Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee ist entschieden: Die Jury kürte die Hallenserin Claudia Walde zur Siegerin. Sie konnte sich in einem 2-stufigen Verfahren gegen 49 Mitbewerber*innen durchsetzen. Die Entwürfe werden am 20. und 21. September im Alten Rathaus ausgestellt.

Der Siegerentwurf wird nun dem Stadtrat zur Realisierung vorgeschlagen und ist am 20. und 21. September jeweils von 10:00 bis 16:00 Uhr im Alten Rathaus zu sehen sein. Es wird auf die Einhaltung der aktuell gültigen Corona-Eindämmungsverordnung hingewiesen.

Neben der Jury konnten auch die Bürger*innen ihre Hinweise und Ideen einbringen.

Siegerentwurf und platzierte Künstler*innen

Am 25. August 2021 tagte das Preisgericht der 2. Wettbewerbsstufe. Insgesamt hat das Preisgericht drei Entwürfe (Platz 1 bis 3) ausgewählt. Das Preisgericht empfiehlt den 1. Platz mit dem Entwurf von Claudia Walde zur Realisierung. Das Kunstwerk wird 2022 realisiert. Darüber hinaus waren folgende Künstler*innen und Künstlergruppen an der 2. Stufe beteiligt:

  • Andreas Köppe (Magdeburg)
  • Das Kollektiv (Berlin)
  • missing icons (Düsseldorf/ Hamburg)
  • Wolf Kipper und Dagmar Korintenberg (Stuttgart)
  • Burghard Müller-Dannhausen (Koblenz)
  • Monika Goetz (Berlin)

Die Siegerin des Wettbewerbs, Claudia Walde, konnte zur Vorstellung ihres Entwurfs nicht im Alten Rathaus anwesend sein, da sie gerade ein Kunstprojekt in Irlands Hauptstadt Dublin umsetzt. Sie freut sich riesig über den Gewinn und auf die Umsetzung, wie sie der Stadtverwaltung in einem Statement mitteilte. Zu ihrem Konzept für die Brückenwiderlager erläutert sie:

„Wir haben dort drei Ebenen mit Verkehr – einmal die Bahn, einmal die Autos, einmal die Straßenbahn, Fußgänger, Fahrradfahrer. Also verschiedene Geschwindigkeiten, verschiedene Richtungen, alles übereinander und zusammen. Deshalb habe ich meine Arbeit auch so angefertigt, dass verschiedene Bewegungen und Geschwindigkeiten darin sind […]. Und mir war es sehr wichtig, eine Farbigkeit hineinzubringen, die alle Personen, die in Magdeburg ankommen (am Bahnhof zum Beispiel) sofort willkommen heißen, dass man gute Laune bekommt, dass man Wärme reinbringt in diese Unterführungen, dass man sich dort gern aufhält und dass eine positive Energie versprüht wird. Und die Farben, die ich gewählt habe, sind zum einen die Farben Magdeburgs […], aber auch Komplementärkontraste, die einladend wirken.“

Magdeburgs Beigeordneter Rehbaum vor dem Siegerentwurf für das Brückenwiderlager
Die Künstlerin Claudia Walde vor einem ihrer früheren Kunst-Projekte
Sachgebietsleiterin Franziska Klinge-Braun erklärt die künstlerischen Entwürfe

Begründungen des Preisgerichtes

1. Platz: ohne Titel, Claudia Walde, Halle (Saale)

Der Entwurf zur Neugestaltung des Verkehrsknotenpunktes in Magdeburg visualisiert das Geflecht aus Geschwindigkeiten und unterschiedlichen Richtungen. Die Dynamik der verschiedenen Passanten und Reisenden steht dabei immer im Mittelpunkt. Aus der abstrakten Gestaltung ergibt sich viel Raum für das individuelle Erleben. Die durch unterschiedliche malerische Strukturen geprägte Ästhetik wird mit hochwertigen Fassadenfarben, Pinseln, Farbrollern und Sprühfarben umgesetzt.

Die Arbeit überzeugt durch die souverän vorgetragene, großflächige Farbe. Die ausgesprochen differenzierte Technik des Farbauftrags, von pastos-deckend über linear-zügig bis hin zu aquarellartig-transparent, lassen einen authentischen Schaffensprozess bei der Ausführung erwarten. Die Durchfahrt wird dadurch eine positive Atmosphäre erhalten, in der das Kunstwerk seinen Wirkungsraum entfaltet. Die Künstlerin vergibt ihre Titel ausschließlich nach Fertigstellung der Werke.

Über die Künstlerin

Claudia Walde, 1980 geboren in Bautzen, arbeitet international als Graffiti- und Streetart-Künstlerin unter dem Pseudonym MadC. Sie studierte an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle sowie am Central Saint Martins College of Art and Design in London. Die Künstlerin ist Mitglied in verschiedenen künstlerischen Gruppierungen in Frankreich und den USA und hat vor allem außerhalb Deutschlands viele Gebäude künstlerisch überformt.

2. Platz: „Floating Colours“, Andreas Köppe, Magdeburg

Die vollflächige Komposition aus farbigen, frei fließenden Flächen, Bahnen, Streifen und Linien erzeugt eine große, durch den Raum führende Bewegung von Farben. Sie führt das Auge durch unterschiedlichste Bewegungszustände von Ruhe, Tempo und Rhythmus. In der Gesamtkomposition bilden alle Bauteilfugen und technisch notwendigen Einbauten einen Ausgangspunkt für Richtungsänderungen, Umkehrungen, Wirbel, Versprünge, Verzerrung, Spiegelungen, Gewichts- und Farbverlagerungen im Farbfluss.

Der Entwurf bindet stimmig und raffiniert die örtlichen Gegebenheiten und technisch notwendigen Einbauten in eine abwechslungsreiche Farbkomposition ein. Der Farbfluss verdichtet sich zu scheinräumlicher Plastizität mit interessanten, perspektivischen Verkürzungen durch Veränderung des Betrachterstandortes. Auch wird der Malgrund Betonwand als Element der Farbgestaltung einbezogen und nicht restlos übermalt, wodurch die Komposition an Leichtigkeit gewinnt.

Über den Künstler

Andreas Köppe, 1977 in Cottbus geboren, widmet sich bereits seit zwei Jahrzehnten der architekturbezogenen Kunst. Von 1998 bis 2008 studierte er an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Neben zahlreichen Direktbeauftragungen und Wettbewerbsbeteiligungen, verwirklichte er auch im Auftrag der Kunsthochschule baugebundene Forschungs- und Drittmittelprojekte. Seit 2008 unterrichtet er im Rahmen seines Lehrauftrages für „Zeichnen, Farbe, Komposition“ an der Hochschule Magdeburg-Stendal im Studiengang Industrial Design.

3. Platz: „Systema Nervosum“, missing icons, Düsseldorf/ Hamburg

„Systema Nervosum“ thematisiert die im Untergrund der Stadt unsichtbar waltenden Kräfte und Energieströme, welche die Dynamik des modernen, städtischen Lebens ermöglichen. Das Relief in einer Gesamtlänge von 95,2 Meter x 2 Meter Höhe wird aus einem Aluminium-Streckmetall getrieben und wirkt wie eine technische Haut, welche die im Hintergrund waltenden Kräfte bändigt.

Außergewöhnlich erscheint an diesem Entwurf die Materialwahl, welche das Licht facettenreich bricht. Zudem hebt sich der Entwurf von anderen Beiträgen durch seine plastischen Strukturen und die starke Varianz der Oberflächenanmutung ab. In der direkten Draufsicht ist das gewählte Material transparent und ermöglichst den Blick auf die dahinterliegende Betonwand. In perspektivischer Verkürzung verdichten sich die plastischen Ausformungen zu einer scheinbar undurchsichtigen Oberfläche. Der changierende metallische Glanz lässt eine immer neue Lichtreflexion mit schillernden Moiré-Effekten und Schattenbildungen erwarten.

Zur Künstlergruppe

2017 gründete die Künstlergruppe das Label missing icons, bestehend aus den beiden Künstlerinnen Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper. Der Name missing icons ist Programm für die Ergebnisse ihres bildnerisch-bildhauerischen Denkens und Handelns in öffentlichen Räumen und Gebäuden, welches die Künstlerinnen selbst beschreiben als „unerwartet treffende Antworten auf gegebene Orte oder Situationen“. Die Künstlergruppe ist sehr erfolgreich tätig im Bereich Kunst am Bau mit zahlreichen Realisierungen, welche sie bereits seit 2013 gemeinsam entwickeln.

Kunst am Bau – Wettbewerb für kunstvolle Brückenwiderlager

Das Projekt „Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“ ist eines der größten Verkehrsprojekte der Landeshauptstadt Magdeburg seit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung. Aufgrund seiner prominenten Lage im Zentrum der Stadt und der Bedeutung als wichtiger Verkehrsknotenpunkt ist im Rahmen des Bauvorhabens auch „Kunst am Bau“ vorgesehen. Der dazugehörige Wettbewerb diente der Förderung von Kunst und Kultur. Er wurde bundesweit als zweistufiger, offener Wettbewerb mit integrierter Bürgerbeteiligung ausgelobt. So sollten künstlerische Entwürfe für die rund 400 Quadratmeter großen Wandabschnitte der Brückenwiderlager erlangt und der überzeugendste Entwurf durch ein Preisgericht ausgewählt werden.

Wettbewerb in zwei Stufen und mit Bürgerbeteiligung

Die 1. Stufe war als anonymer Ideenwettbewerb konzipiert. Die einzureichenden künstlerischen Gestaltungskonzepte sollten grundsätzliche Lösungsansätze entwickeln. Insgesamt wurden 50 Entwürfe von Kunstschaffenden und Künstlergruppen aus ganz Deutschland eingereicht. Daraus wählte die Jury sieben Vorschläge für die 2. Stufe des Wettbewerbes. Alle geladenen Künstler*innen der 2. Stufe genießen großes Renommee im nationalen und internationalen Raum durch langjährige freikünstlerische Erfahrung und ihre vielfältigen baukulturellen Beiträge.

In der 2. Stufe des Wettbewerbes konnten die geladenen Teilnehmenden ihre Ideenentwürfe detailliert aus- bzw. überarbeiten. Die Jury der 1. und 2. Stufe war besetzt mit Vertreter*innen der Landeshauptstadt Magdeburg, der DB Netz AG, der DB Station & Service AG sowie Künstler*innen und Kunstsachverständigen, die mit Magdeburg vertraut sind.

Im Anschluss an die Jurysitzung der 1. Stufe wurde ein Bürger*innen-Forum durchgeführt. Interessierte Magdeburger*innen erhielten die Möglichkeit, die Ergebnisse und Auswahl der Jurysitzung der 1. Stufe für einen begrenzten Zeitraum einzusehen und sich durch Anregungen in schriftlicher Form zu beteiligen. Die schriftlichen Anregungen wurden den Kunstschaffenden für die Überarbeitungsphase (die 2. Wettbewerbsstufe) zur Verfügung gestellt.

17.09.2021