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Vor 100 Jahren in Magdeburg: Historischer Tag für Demokratie

Am 22. Februar 1924 wurde das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ in Magdeburg gegründet. Über eine Million Menschen haben sich in diesem Wehrverbund zusammengeschlossen, um das neue politische System der Weimarer Republik zu schützen. Diese erste parlamentarische Demokratie in Deutschland wurde von allen politischen Seiten bekämpft und konnte, trotz des Einsatzes des Reichbannerbunds, nur bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bestehen. Seit seiner Wiedergründung setzt sich das „Reichsbanner“ für die Stärkung der Demokratie in der Bundesrepublik ein.

Am 22. Februar 1924 hatten sich hunderte Soldaten zur Gründungsfeier des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold auf dem Domplatz versammelt. Foto: Stadtarchiv Magdeburg, Fotobestand N, Nr. 195

Die „Reichsbanner“-Gründung in Magdeburg

Vorab: Nach Gründung der Weimarer Republik wurde 1919 das schwarz-rot-goldene Banner erstmals zur Nationalflagge Deutschlands erhoben. Die Farben stehen damit symbolisch für die Demokratie in Deutschland.

Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund der republikanischen Kriegsteilnehmer war seit der Gründung am 22. Februar 1924 im Gesellschaftshaus Magdeburg die größte demokratische Schutzorganisation der Weimarer Republik. Der Reichsbannerbund war zunächst ein Zusammenschluss regionaler Schutzorganisationen der demokratischen Parteien SPD, Zentrum und Deutsche Demokratische Partei DDP. Ihre Ziele waren die Festigung der Republik, die Achtung der Verfassung und die Propagierung der republikanischen Farben Schwarz-Rot-Gold.

Gründungsmitglieder waren unter anderem:

  • Hermann Beims, der damalige Oberbürgermeister Magdeburgs
  • Otto Hörsing, der Oberpräsident der Provinz Sachsen, der seinen Sitz am Magdeburger Domplatz hatte, und Bundesvorsitzender des Reichsbanners wurde
  • Karl Höltermann, Redakteur der SPD-Zeitung „Volksstimme“, stv. Bundesvorsitzender, späterer Bundesvorsitzender
  • Ernst Wille, SPD-Vorstand in Groß-Ottersleben, plante mit dem Reichbanner ein Attentat auf Hitler 1932 in Magdeburg, starb als politischer Gegner im KZ Neuengamme

Zur Zeit seiner Gründung hatte das Reichsbanner etwa 500.000 Mitglieder, später schlossen sich bundesweit über 1 Mio. Männer und Frauen an. Gewalt oder sogar eine eigene Bewaffnung lehnte das Reichsbanner programmatisch ab. Das Grundkonzept des Reichsbanners war, in der Öffentlichkeit durch Masse zu wirken.

  • Wehrverteidigung der Demokratie?
  • Warum war das nötig? 

Das neue politische System war noch instabil und politischen Angriffen & Anschlägen ausgesetzt von links- und rechtspolitischen Gruppen sowie konservativen Militaristen. In Teilen der Bevölkerung gab es den Wunsch nach anderen Staatsformen, wie zum Beispiel einer Diktatur, einer Autokratie oder die Rückkehr zur Monarchie. Hinzu kamen globale Wirtschaftsprobleme als Nachwirkung des 1. Weltkriegs. Letzten Endes gab es viele politische Tote in der Weimarer Republik.

Erinnerungsorte in Magdeburg

Ab 1928 hatte das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold seinen Hauptsitz in der Regierungsstraße 1 in Magdeburg. Ein weiterer Erinnerungsort in Magdeburg ist das Sportstadion „Neue Welt“ an der Berliner Chaussee, dass in den 1920er Jahren durch den Reichsbannerbund errichtet worden war und während des Nationalsozialismus schließlich in den Besitz der Stadt überführt wurde. Noch heute wird der Sportplatz von Magdeburger Vereinen genutzt, die Sport-Schwimmbecken werden in einem privatwirtschaftlichen Projekt der Natur zurückgeführt.

Seit dem 22. Februar 2024 wird mit der Reichsbanner-Gedenkstele vor dem Landtag ein weiterer Erinnerungsort in Magdeburg markiert. Die Stele wurde vom heutigen Reichsbanner und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand gestiftet und im Rahmen der Jubiläumsfeier zum 100. Gründungstag feierlich an die Landeshauptstadt Magdeburg übergeben. Mit seiner Inschrift erinnert das Denkmal an die Großversammlung zum Gründungstag auf dem Magdeburger Domplatz:

"Auf diesem Platz fand am 22.Februar 1925 die erste Großkundgebung der Republikschutzorganisation „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund der republikanischen Kriegsteilnehmer“ statt. Ein Jahr zuvor in Magdeburg gegründet, entwickelte sich der Bund schnell zu einer Massenorganisation. Seine Mitglieder warben bis 1933 für die erste deutsche Demokratie und stellten sich den Feinden der Weimarer Republik entschlossen entgegen."

Ansprache der Oberbürgermeisterin zur Übergabe der Reichsbanner-Gedenkstele
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Vincent Gulatz
Einweihung der Reichsbanner-Gedenkstele durch die Oberbürgermeisterin und Prof. Dr. Tuchel
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Vincent Gulatz
Kranzniederlegung für die Opfer des Reichsbanners
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Vincent Gulatz
Kränze vor der Reichsbanner-Gedenkstele
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Vincent Gulatz
Protagonisten bei der Kranzniederlegung vor der Reichsbanner-Gedenkstele
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Vincent Gulatz

Magdeburg – mit Geschichte und demokratischer Tradition

Magdeburg war Anfang des 20. Jahrhunderts eine Hochburg der Demokratie und vor allem der Sozialdemokraten. Dieses spannende Kapitel in der Geschichte unserer Stadt wird unter anderem in dem Band „Die Ära Beims in Magdeburg“ (Herausgeber: Köster / Poenicke / Volkmar) unserer städtischen Buchreihe „Magdeburger Schriften“ erzählt.

Die Zustimmung zum Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold in unserer Stadt zeigte sich unter anderem auf dem Domplatz, wenn sich Hunderttausende zu Kundgebungen versammelten. Noch heute ist der Domplatz ein beliebter Ort für Demonstrationen und ein zentraler Ort der Demokratie in Magdeburg.

Auch heute haben wir ein breites Bündnis an zivilgesellschaftlichen Gruppen, die das bunte Spektrum der Magdeburger Gesellschaft vertreten. Die vielen unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure arbeiten Hand in Hand zusammen und stellen sich entschlossen zusammen, um die freiheitlich-demokratischen und europäischen Grundfeste zu schützen. Ein gutes Beispiel ist die Aktion »Eine Stadt für alle« rund um den Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs am 16. Januar, dessen Schirmherrin die Oberbürgermeisterin ist.

Das Reichsbanner heute

Seit seiner Wiedergründung im Jahr 1953 setzt der Verein »Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten« sich für die politisch-historische Bildungsarbeit ein. Damit stärkt der Verein das Bewusstsein für Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz – vor allem bei jungen Menschen.

Im Sinne der Pflege und Erinnerung an die Demokratie-Geschichte Deutschlands sowie der eigenen Geschichte tritt der Verein aktiv für ein positives Image von „Schwarz-Rot-Gold“ ein. Nach ihrem Verständnis sind der Vereinsname und die Vereinssymbole positiv besetzt und schaffen eine Identifikation mit den demokratischen-republikanischen Werten Deutschlands.

Am 22. Februar 2024 feiert das Reichsbanner den 100. Jahrestag seiner Gründung am Ursprungsort in Magdeburg. Zusammen mit dem Landtag von Sachsen-Anhalt und dem Bundesministerium für Verteidigung finden an dem Tag zahlreiche Veranstaltungen um den Domplatz statt.

22.02.2024