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Zerstörung und Wiederaufbau der Stadt Magdeburg (mehrteilig), 1982

Apel, Heinrich

Die Johanniskirche ist die älteste Pfarrkirche Magdeburgs und ihre Geschichte reicht bis vor die Mitte des 10. Jahrhunderts zurück. Während der Bombardierungen des 28. September 1944 und des 16. Januar 1945 wurde sie so schwer zerstört, dass man sich nach den Zweiten Weltkrieg entschloss, sie nur mehr als Ruine und Zeichen der Erinnerung zu sichern. In diesem Kontext ist die Portalgestaltung Heinrich Apels entstanden. Durch den Ende der 1990er Jahre erfolgten Ausbau zum Veranstaltungshaus hat die bildhauerische Inszenierung Apels diesen authentischen, die Arbeit ganz unmittelbar beglaubigenden und erklärenden Hintergrund verloren.

Der Untergang Magdeburgs im Jahr 1631 war mit den Zerstörungen von Troja und Jerusalem verglichen worden und besaß in den Augen der Zeitgenossen mythische Dimensionen. Auch Heinrich Apel zeigt diesen Sprung aus der Realität der Straße, wenn man so will, in die Mythologie, wenn er seine Komposition mit einer Darstellung des mythischen Paares von Philemon und Baucis krönt. In der von Ovid übermittelten Geschichte wird das alte Liebespaar für ihre ohne Ansehen der Person gewährte Gastfreundschaft von den Göttern mit der Verwandlung ihrer alten Hütte in einen goldenen Tempel belohnt, als dessen Priester sie fürderhin bestellt sind. Damit sich die Liebenden nie trennen müssen, gewähren ihnen die Götter außerdem einen gleichzeitigen Tod und verwandeln sie in Bäume, Baucis in eine Linde, Philemon in eine Eiche.

Von dieser Eiche lässt Apel nur ein Blatt über dem Paar schweben. Die abgehackte Wurzel im unteren Teil des Portals hat vielleicht zu einem ihrer Bäume gehört. Das göttliche Wunder funktioniert nicht mehr, das das kompositorische Dreieck suggeriert, welches von den beiden Seitenfiguren und dem alten Paar gebildet wird. Alles, was in der Welt ist, so scheint es, stürzt unter dem brennenden Magdeburg in Schrecken, Chaos und Verderben. Das Haupt Kassandras, die vergeblich vor dem Untergang des antiken Troja gewarnt hatte, erscheint mit Flammenhaaren und geöffnetem Mund auch über der untergehenden Silhouette der Elbestadt.

Unbekümmertheit und künstlerische Naivität haben in vielen Arbeiten Apels für eine im regionalen Kunstbetrieb ungewöhnliche erzählerische Frische gesorgt. Die Art und Weise, wie er hier seiner Kassandra ihren eigenen Spruch und überdies auch noch den Türklopfer zu halten aufgibt, wirkt nicht nur plakativ, sondern zugleich ungewollt komisch und lässt die kritisch-realistischen Qualitäten, die vor allem in der Figur einer Trümmerfrau bemerkenswert sind, etwas in den Hintergrund treten.

Über den Künstler

Heinrich Apel (* 5. Mai 1935 in Schwaneberg (Börde), Sachsen-Anhalt) ist ein in Magdeburg lebender Künstler und Bildhauer.

Von 1953 bis 1959 studierte er an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein bei Gustav Weidanz.

Seit 1959 ist er in Magdeburg tätig, unter anderem mit baugebundenen Arbeiten wie Bronzetüren, Brunnen, Standbilder, mit Collagen, Textilien, Medaillen, Kleinplastiken und Bildern sowie Restaurierungsarbeiten an den Domen Magdeburg, Halberstadt, Stendal, an der Stiftskirche Quedlinburg und beim Wiederaufbau des Magdeburger Reiters.

WERKE

­­: Dom zu Magdeburg, Türklinkengestaltungen 1962-64:Urteil des Paris/Eule/Vögel am Nest

: Faunbrunnen (oder Teufelsbrunnen) in der Leiterstraße in Magdeburg

: Eingangstüren des Klosters unser Lieben Frauen in Magdeburg

: Eingangsportal der Johanniskirche in Magdeburg

: Bronzeplatten am Rathaus Magdeburg

: Eulenspiegelbrunnen in Magdeburg

: Lenné-Büste im Klosterbergegarten in Magdeburg

: Eingangstüren vom Kreuzgang zum Vorraum des Domschatzgewölbes und zum Domschatzgewölbe im Naumburger Dom

: Handläufe der Franziskustreppe und der Paradiestreppe im Naumburger Dom

: Taufbecken in der St.-Thomas-Kirche in Pretzien

: Plastik des Hofnarren Fröhlich in Dresden am Neustädter Markt

: Plastik für den Eike-von-Repgow-Preis der Stadt Magdeburg

: Nietzsche-Denkmal auf dem Holzmarkt in Naumburg

: Salzwedel Lorenzkirche: Türklinke Martyrium des Hl. Laurentius auf dem Feuerrost

: Die Rettungstat des Hauptmann Igor Belikow in Magdeburg

Weitere Werke stehen in Berlin, Dresden, Halle, Frankfurt (Oder), Bernburg, Salzwedel, Egeln, Worms und Klostermannsfeld.

(Quelle: de.Wikipedia.org)