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Weihnachtsmarkt kann vorerst keine Genehmigung erhalten

Der Veranstalter des Magdeburger Weihnachtsmarktes erhält von der Stadtverwaltung als kommunale Sicherheitsbehörde vorerst keine Genehmigung. Darüber informierte Oberbürgermeistern Borris am 10. November den Stadtrat. Grund ist ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes, in dem das diesjährige Sicherheitskonzept der Weihnachtsmarkgesellschaft bemängelt wird.

Magdeburger Ratssaal mit Stadtratsmitgliedern © Landeshauptstadt Magdeburg, Mario Lisker

Weisung des Landesverwaltungsamtes

Zudem wird die Landeshauptstadt angewiesen, dass sie als kommunale Sicherheitsbehörde dem vorgelegten Konzept nicht zustimmen darf. In den Ausführungen des Landesverwaltungsamtes heißt es unter anderem auch, dass der Veranstalter mit dem Weihnachtsmarkt „ein potentielles Anschlagsziel“ schaffe.

Kurzfristig anberaumte Stadtratssitzung vom 10. November:

„Der Inhalt des Schreibens und die vom Landesverwaltungsamt bezeichneten Mängel des Sicherheitskonzeptes sind auch aufgrund der möglichen Auswirkungen so gravierend, dass es meine Pflicht war, heute umgehend den Stadtrat darüber zu informieren“, sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris. „Bislang hatte uns niemand in dieser Form mitgeteilt, dass der Magdeburger Weihnachtsmarkt in diesem Jahr allein durch seinen Betrieb zu einem potentiellen Anschlagsziel wird. Diese Aussage werden wir sehr ernst nehmen, da die Sicherheit absolute Priorität hat. Gleichwohl wurde uns nicht begründet, worauf diese neue Einschätzung konkret beruht.“

Abwehr von Terror und Amoktaten

Zudem wird vom Landesverwaltungsamt unter anderem kritisiert, dass die Weihnachtsmarktgesellschaft die Verantwortung für Anschläge und Amoktaten bei der Polizei und der Sicherheitsbehörde sieht. Diese Kritik der Kommunalaufsicht kann Oberbürgermeisterin Simone Borris nicht nachvollziehen, denn im Sicherheitskonzept geht die Weihnachtsmarktgesellschaft von nicht vorhersehbaren Amok- und Gewalttaten aus:

„Alle Experten sind sich einig, dass konkrete Terrorabwehr eine staatliche Aufgabe ist, für die nicht der Veranstalter eines Weihnachtsmarktes verantwortlich sein kann. Selbst die Polizei hat uns am vergangenen Freitag schriftlich mitgeteilt, dass die Verfolgung von Straftaten und die Abwehr konkreter Gefahren eine staatliche Aufgabe ist.“

Die Formulierungen des Sicherheitskonzeptes zu Terror- und Amokereignissen sind dem Landesverwaltungsamt seit dem im September vorgelegten Sicherheitskonzept zum Kaiser-Otto-Fest bekannt und wurden nicht beanstandet.

Einlasskontrollen und Zufahrtsschutz

In dem Schreiben des Landesverwaltungsamtes werden auch der Zugang und das Überfahrschutzkonzept kritisiert. Folgt man den Ausführungen, dürften Weihnachtsmärkte nur noch mit Einlasskontrollen durchgeführt werden. Zudem wäre ein grundsätzlich zertifizierter Zufahrtschutz bis 7,5 Tonnen notwendig. Warum jedoch diese Maßnahme ausreichend sein soll, obwohl auch mit Fahrzeugen über 7,5 Tonnen Anschläge verübt werden können, wird nicht ausgeführt. Gleiches gilt für das Befahren mit Motorrädern. Grund dürfte sein, dass dafür in Sachsen-Anhalt keine gesetzliche Grundlage oder mindestens ein landeseinheitlicher und verbindlicher Erlass existieren.

Weitere Kritikpunkte

Zu den weiteren Kritikpunkten der Kommunalaufsichtsbehörde am Sicherheitskonzept der Weihnachtsmarktgesellschaft gehört unter anderem eine fehlende Risikobewertung des Kinder- und Jugendschutzes. In dem Schreiben des Landesverwaltungsamtes heißt es dazu:

„Das Thema Jugendschutz wird lediglich im Zusammenhang mit dem übermäßigen Konsum von Alkohol thematisiert und finden im Übrigen hinsichtlich weiterer Aspekte keine Berücksichtigung.“

Offen bleibt auch hier, welche Aspekte das Landesverwaltungsamt konkret meint.

Offene Fragen

In dem Schreiben finden sich weitere nicht eindeutige Aussagen. Während das Landesverwaltungsamt eingangs schreibt, dass eine Zustimmung zu dem vorgelegten Sicherheitskonzept durch die Landeshauptstadt Magdeburg als kommunale Sicherheitsbehörde nicht erfolgen kann, wird im weiteren Verlauf kritisiert, „dass das Sicherheitskonzept noch nicht in Kraft gesetzt wurde“.

Auch der Zeitpunkt des Schreibens überrascht: So gab es am 28. Juli im Landesverwaltungsamt eine Auswertung des Magdeburger Stadtfestes 2025, bei dem große Teile der selben Flächen genutzt wurden. Die verwendeten Betonsteine als Zufahrtsschutz wurden dabei aber nicht beanstandet.

Ebenso ist dem Landesverwaltungsamt seit Anfang Oktober der Beschluss des Stadtrates zum Zufahrtsschutz bekannt. Gleiches gilt für die Gründe, warum dieses Jahr kein zertifiziertes, sondern nur ein qualifiziertes Zufahrtsschutzkonzept umgesetzt werden kann. Weshalb sich die Kommunalaufsicht aber erst wenige Tage vor der Eröffnung des Weihnachtsmarktes äußert und nicht bereits früher, bleibt offen.

Möglichkeiten und Grenzen weiterer Sicherheitsmaßnahmen

Aufgrund der Kritikpunkte sowie zusätzlicher Forderungen des Landesverwaltungsamtes hatte die Landeshauptstadt als Sicherheitsbehörde kurzfristig die Weihnachtsmarktgesellschaft im Rahmen einer Anhörung kontaktiert. Die Weihnachtsmarktgesellschaft als Veranstalter ist bereit, viele Hinweise in das Sicherheitskonzept zu integrieren, lehnt aber auch einige der vom Land geforderten Maßnahmen ab. So hat die Weihnachtsmarktgesellschaft beispielsweise mitgeteilt, sie sei nicht bereit, die generelle Verantwortung von Terror- und Amokereignissen zu übernehmen und hierfür das Haftungsrisiko zu tragen sowie das gesamte Areal einzuzäunen.

Vorerst keine Marktfestsetzung als Genehmigung

„Trotz der gegenteiligen Rechtsauffassung, die wir gegenüber dem Landesverwaltungsamt in dieser Frage haben, wird die Landeshauptstadt aufgrund der Weisung des Amtes vorerst keine Genehmigung für den diesjährigen Weihnachtsmarkt erteilen können“, nennt Oberbürgermeisterin Simone Borris die Konsequenz.

Folgen und öffentliches Signal

Sollte der Weihnachtsmarkt nicht stattfinden können, wären die Folgen und das öffentliche Signal insgesamt verheerend.

„Man muss davon ausgehen, dass Veranstalter anderer Weihnachtsmärkte und Großveranstaltungen in Sachsen-Anhalt die Übernahme der Verantwortung für die Abwehr von Terror- und Amoktaten ebenfalls ablehnen werden“, blickt Oberbürgermeisterin Simone Borris voraus. „Im konkreten Fall wäre eine weitere Folge, dass der Magdeburger Weihnachtsmarkt sowie die Lichterwelten dauerhaft nicht mehr stattfinden können. In erster Linie aber wäre es eine Kapitulation der breiten Stadtgesellschaft vor dem Attentat vom 20. Dezember 2024. Dies stünde im Widerspruch zu unseren Traditionen und Kultur und wäre weit über die Grenzen Magdeburgs hinaus ein fatales Signal.“

Hoffnung und Wünsche

„Mein Wunsch und meine Hoffnung sind jedoch, dass durch eine Bündelung aller Kräfte der Magdeburger Weihnachtsmarkt in diesem Jahr doch stattfinden kann“; appelliert die Oberbürgermeisterin eindringlich an alle Beteiligten und insbesondere auch an das Land Sachsen-Anhalt. „Ich hoffe, dass wir dazu unverzüglich mit dem Land Sachsen-Anhalt ins Gespräch kommen. Gleichzeitig bin ich zuversichtlich, dass es unabhängig der unterschiedlichen Rechtsauffassungen immer noch möglich ist, ein positives und optimistisches Signal für die bevorstehende Weihnachtszeit zu setzen. Gleichwohl sind meine Gedanken weiterhin bei den Opfern und Hinterbliebenen des schrecklichen Anschlags, nicht nur wegen des heute begonnenen Gerichtsprozesses!“

10.11.2025