In Anbetracht des über ein Jahrzehnt hinausreichenden zeitlichen Horizonts des VEP 2030plus ist dessen Umsetzung nur in einem mehrstufigen Prozess mit jeweils dazwischen geschalteten Evaluierungsphasen sinnvoll. Zugleich sollen seine Strategien und Ziele möglichst innerhalb kur-zer Zeit bereits anhand erster konkreter Projekte als „Wegweiser“ für die künftige Mobilitätsent-wicklung in Magdeburg erkennbar werden. Ihre frühzeitige Umsetzung bietet zudem die Chance, am praktischen Beispiel lernen und zeitnah eventuell erforderliche Ergänzung oder Korrekturen vornehmen zu können. Aus der Vielzahl an Maßnahmen und strategischen Handlungsempfeh-lungen kommen vor allem solche Vorhaben als Pilotprojekte in Betracht, die einen expliziten Be-zug zu dem Vorzugsszenario haben und innerhalb einer kurzen Zeitspanne von höchstens vier bis fünf Jahren maximal bis 2027 umsetzbar und finanzierbar sind. Aus beiden Gründen empfiehlt sich daher eine nur begrenzte Auswahl von höchsten acht bis zehn Maßnahmen.
Konkrete Projekte als "Markenzeichen"des VEP 2030plus mit Beispiel-Charakter
Der Beispielcharakter dieser Projekte sollte dadurch unterstrichen werden, dass Planung, Rea-lisierung und Fertigstellung sowie In-Betriebnahme unter Einbeziehung der Öffentlichkeit erfolgen und in geeigneter Form fortlaufend kommuniziert werden.
Kurzfristige Pilotprojekte (Realisierung bis max. 2027)
- Pilot_01: Ausweisung und ggf. Umgestaltung einer nur dem Radverkehr vorbehaltenen Fahr-radstraße – außer für den Anliegerverkehr – als erster einer künftig größeren Anzahl geeigneten Straßen innerhalb des Radwegenetzes.
- Pilot_02: Machbarkeitsstudie zur Umsetzbarkeit des Projekts einer Quartiers- bzw. Gemein-schaftsgarage in einem innenstadtnahen Quartier mit hohem Parkdruck (z.B. Stadtfeld-Ost) auf dafür in Frage kommenden Grundstücken. In die Bearbeitung der Studie sind mögliche privater Betreiber sowie die lokale Öffentlichkeit einzubeziehen.
- Pilot_03: Einrichtung einer Mobilitätsstation an prominentem Standort – als Auftakt einer Reihe weiterer Mobilitätspunkte. In Kooperation von Landeshauptstadt Magdeburg, Magde-burger Verkehrsbetrieben (MVB), marego, Stadtwerke Magdeburg (SWM) sowie Car-Sharing- und BikeSharing-Unternehmen sind hier stadt- und umweltverträgliche Mobi-litätsangebote an einem Ort gebündelt: Straßenbahn, Bus, diverse Sharing-Angebote sowie Ladesäulen für batteriegetriebene Fahrzeuge.
- Pilot_04: Modellhafte Umgestaltung eines durch Gehwegparken besonders beeinträchtigten Straßenabschnitts unter Einbeziehung gestalterischer und baulicher Maßnahmen hauptsächlich im Kreuzungsbereich (z.B. Straßenbäume, Poller, Fahrradbügel).
- Pilot_05: Verkehrsberuhigung im Umfeld einer noch näher zu bestimmenden Grundschule in Kombination mit der Umgestaltung umgebender Straßenräume – unter Einbeziehung und ggf. aktiver Beteiligung von Schulkindern, Schulpersonal und Eltern. Ziele sind ein sicherer Schulweg ohne Gefährdung durch motorisierten Verkehr und durch an- oder wegfahrende „Elterntaxis“ (siehe Stadtratsbeschluss-Nr. 450-012(VII)20).
- Pilot_06: Durchführung eines Modellversuchs zur testweisen Einführung von Tempo 30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit in einem abgegrenzten Stadtgebiet auf der Grund-lage § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StVO (Erprobungsklausel) entsprechend dem Beschluss der StVV von Leipzig in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städtetag und dem Umweltbundesamt.
- Pilot_07: Diebstahlsichere, barrierefreie, ausreichende und witterungsgeschützte Rad-Abstell-anlagen an Schulen, Schnittstellen oder öffentlichen Einrichtungen. In einem ersten Schritt soll je eine Abstellanlage an jeweils einem der genannten Standorte errichtet werden. Die Maßnahmen können durch das Sonderprogramm „Stadt und Land“ des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung mit einer Förderquote von 90 Pro-zent finanziert werden.
- Pilot_08: Verkehrsversuch Breiter Weg: Sperrung für den MIV zwischen Ernst-Reuter-Allee und Bärstraße / Himmelreichstraße für mehrere Wochen in der Zeit von Mai bis September 2023 bzw. 2024. Ein entsprechendes Konzept dafür wird in enger Abstimmung mit den ansässigen Einzelhandelsunternehmen erstellt. Ziel ist die temporäre Erhöhung der Aufenthaltsqualität für Menschen zu Fuß. Zeitweise – jedoch nicht dauerhaft – sind z.B. Veranstaltungen oder Marktstände denkbar. Der Verkehrsversuch ist fachlich zu begleiten und auszuwerten.
Mittelfristige Pilotprojekte (Realisierung bis max. 2030)
Mit Blick auf ihre, für die Stärkung des Umweltverbunds besondere Bedeutung sollten parallel zu den kurzfristigen auch folgende umfangreicheren mittelfristigen Vorhaben in die Reihe der Pilotprojekte aufgenommen werden:
- Pilot_09: Umgestaltung der Kreuzung einer Hauptverkehrsstraße mit sicheren, multifunktio-nalen Sperrzonen im Kreuzungsbereich und sicheren Übergängen auf Geh- und Radwegen (Vorbild: Protected Intersection).
- Pilot_10: Planung und Umsetzung einer Radschnellverbindung ins Stadtumland mit dem erfor-derlichen Ausstattungsstandard (Wegweisung, Markierung).
- Pilot_11: Umwidmung der Verkehrsflächen im Bereich der Gleisanlagen der MVB, die derzeit durch den MIV mitbenutzt werden, für die alleinige Nutzung durch den ÖPNV (wie z.B. Halberstädter oder Pfälzer Straße), sofern noch eine weitere Spur je Richtung existiert – ausgenommen sind Abbiegebereiche.