Inhalt

Die Planungsdoktrin der "Autogerechten Stadt“ hat auch in der Landeshauptstadt Magdeburg Spuren hinterlassen. Die für die Planung Verantwortlichen der vorigen Generationen schufen Straßen für den Autoverkehr.

Veränderte Wertschätzung des öffentlichen Raumes

Die Erfordernisse des Autoverkehrs hatten absolute Priorität. Infolgedessen galt der Aufenthaltsqualität der Straßen ein nur geringes Augenmerk. Als Verkehrsadern konzipiert, wurden Flächen für den Fuß- und Radverkehr vielfach bis auf ein Minimum reduziert. Für andere Nutzungen oder gar als Aufenthaltsorte waren und sind sie deshalb – aber auch angesichts der dort herrschenden Lärm- und Abgasbelastung – nicht prädestiniert.

Mehr Flächengerechtigkeit als Planungsprinzip

Inzwischen rücken jedoch die Bedürfnisse der Menschen, die zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs sind ebenso wie die Belange des Klimaschutzes, zusehends ins Blickfeld von Planung und Planungspolitik. Auch im öffentlichen Bewusstsein ist eine allmähliche Abkehr von der alleinigen Vorherrschaft des Autos erkennbar. Überlegungen zu mehr Flächengerechtigkeit im öffentlichen Raum prägen die Verkehrsplanung und den Straßenentwurf. Insofern hat die Landeshauptstadt Magdeburg mit dem Vorzugsszenario "Stärkung des Umweltverbundes" auf der
Basis des vom Runden Tisch abgegeben Votums ein Zeichen gesetzt. Es ist eine erste, wenn auch vorerst kleine Etappe auf dem Weg zu einer Verkehrswende. Diese wird nicht von heute auf morgen, jedoch in zielgerichteten kleinen Schritten zu verwirklichen sein.

Öffentlicher Raum ist Bewegungs- und Aufenthaltsort

Verkehrswende bedeutet vor allem die Neuverteilung des begrenzten Verkehrsraums in der Stadt und ein Mehr an Flächen für die Verkehrsarten des Umweltverbundes. Das betrifft zu allererst regelkonforme Geh- und Radwege und ausreichende Flächen für einen ungehinderten und flüssigen Betrieb des öffentlichen Nahverkehrs. Auf Straßen und Plätzen findet jedoch auch öffentliches Leben statt – im Stadtzentrum, in innenstadtnahen Quartieren ebenso wie in Wohnvierteln am Stadtrand. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes muss hier Möglichkeiten eröffnen, um Straßen intensiver nutzen zu können – für rasche Fortbewegung zu Fuß oder mit dem Fahrrad ebenso wie zum Schlendern, für Begegnungen und als Orte des Verweilens wie auch zum Spielen und als Bühne des städtischen Lebens.

Strategien

  • StrGe_01: Die LHMD erarbeitet Gestaltungsleitlinien für den Um- und Ausbau von Straßen oder Straßenabschnitten sowohl im über- wie im nachgeordneten Straßennetz. Ziel der Leitlinien ist die Verbesserung der Aufenthaltsqualität und des Stadtklimas sowie der Sicherheit für den Fuß- und Radverkehr unter besonderer Berücksichtigung der Ver-kehrsarten des Umweltverbunds.
  • StrGe_02: Die LHMD aktualisiert das im Rahmen ihres Freiraum- und Grünkonzepts erstellte Straßenbaumkonzept mit dem Ziel, den Baumbestand an Straßen in der Gesamt-stadt zu erhalten bzw. weiter zu erhöhen.
  • StrGe_03: Die LHMD sichert bei der Umrüstung von Gleisanlagen der Straßenbahn für Fahr-zeuge mit mehr als 2,30 m Breite den Erhalt – und falls dies nicht möglich ist– die unverzügliche Neuanpflanzung von Straßenbäumen.
  • StrGe_04: Die LHMD legt für die Planung neuer und den Umbau vorhandener Straßen das Prinzip der städtebaulichen Bemessung nach RASt 06 als Leitlinie fest. Es betrifft die Zo-nierung vom Rand der Bebauung zur Fahrbahnmitte. Entsprechend diesem Grundsatz soll bei allen Baumaßnahmen im Bestand ebenso wie bei Neubaumaßnahmen – nach Abwägung zwischen städtebaulichen und verkehrlichen Zielen und einem Abgleich mit den Fördermöglichkeiten – verfahren werden.
  • StrGe_05: Die LHMD wird Maßnahmen des Straßenumbaus und der Verkehrsorganisation dafür nutzen, Straßenräume aufzuwerten mit dem Ziel, mehr Raum für den öffentlichen Nah- sowie den Fuß- und den Radverkehr bereitzustellen. Im Einzelnen betrifft dies die Verbreiterung von Seitenräumen, Baumpflanzungen sowie die Entlastung von ruhendem Verkehr.
  • StrGe_06: Die LHMD wird die Möglichkeit prüfen, Straßen mit einer – im Verhältnis zu ihrer Di-mensionierung – nur geringen Belastung zugunsten des Fuß- und Radverkehrs und der Straßenraumbegrünung zurückzubauen (siehe Kapitel „Straßennetz und moto-risierter Verkehr“ MIV 07).
  • StrGe_07: Die LHMD wird bei der Neugestaltung von Straßen oder Plätzen die Belange des kleinräumigen Wirtschaftsverkehrs besonders berücksichtigen. Das betrifft nament-lich die Anordnung und Dimensionierung temporärer Anlieferungsbereiche ein-schließlich der jeweiligen Zufahrtsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des Fuß- und Radverkehrs und – falls vorhanden – eines ungehinderten Betriebs des öffentlichen Nahverkehrs.
  • StrGe_08: Die LHMD plant vorrangig in verdichteten innenstadtnahen Wohnquartieren die Ein-richtung verkehrsberuhigter Räume als sogenannte „Shared Spaces“. Ziel ist in diesen Bereichen die Gleichberechtigung aller Verkehrsarten und am Verkehr Beteiligten auf Basis gegenseitiger Rücksichtnahme.
  • StrGe_09: Die LHMD veranlasst die Erarbeitung eines Leitkonzepts zur Beleuchtung öffentlicher Räume. Dabei sind gestalterische Gesichtspunkte sowie die Anforderungen der Wirtschaftlichkeit und der Verkehrssicherheit miteinander in Einklang zu bringen.