Hohe Priorität des Wirtschaftsverkehrs
Dem Wirtschaftsverkehr kommt daher auch aufgrund der Anbindung an das überregionale Straßen- und Schienennetz sowie der Bedeutung von Magdeburg als Binnenhafen und als Knotenpunkt im nationalen und internationalen Wasserstraßennetz außerordentliche Bedeutung zu. Die Industrie- und Gewerbegebiete wie auch die zentral gelegenen Wissenschaftsstandorte sind meist multimodal erschlossen. Dagegen ist die Erreichbarkeit peripherer Gewerbestandorte mit Fahrrad oder ÖPNV oft nicht ausreichend gewährleistet, weshalb der Berufsverkehr dort häufig durch das Auto dominiert ist.
Angesichts der für den Anlagen- und Maschinenbau bestehenden Notwendigkeit, sehr große und schwere Halb- oder Fertigprodukte zu transportieren, besitzt der Schwerlastverkehr eine für Magdeburg spezielle Bedeutung. Zugleich ergeben sich hier aufgrund der Bahnanlagen, die das gesamte Stadtgebiet in Nord-Süd-Richtung durchschneiden, spezifische Erschwernisse für strassengebundene großvolumige Gütertransporte im Bereich der Gleisunterquerungen. Teilweise unzureichende Durchfahrtshöhen an Bahnbrücken schränken die Nutzbarkeit des Straßennetzes für diesen Teil des Straßengüterverkehrs derzeit noch ein. Mit der Fertigstellung der Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee sowie der im Rahmen der 2. Ausbaustufe des Eisenbahnknotens
Magdeburg geplanten Maßnahmen – Umbau der Brückenbauwerke Walther-Rathenau-Straße, Lübecker Straße und Lorenzweg – werden indessen wesentliche Einschränkungen zumindest mittel- bis langfristig entfallen.
Ein wichtiges Segment des Wirtschaftsverkehrs betrifft den Liefer-, Ver- und Entsorgungsverkehr innerhalb des Stadtgebietes. Der industrie-orientierte Wirtschaftsverkehr übernimmt dabei einen wesentlichen Anteil. Bedingt durch "just-in-time"-basierte Produktionsabläufe wird er auch künftig nicht abnehmen. Stark wachsen wird der innerstädtische Logistik- und Lieferverkehr infolge des rapiden Wachstums des Onlinehandels sowie der dadurch bedingten Zunahme von Kurier-, Express-, Paket-Dienstleistungen (KEP). Hiervon sind die Innenstadt und die Straßenräume in den innenstadtnahen Wohngebieten besonders betroffen, bisher verbunden mit Beeinträchtigungen und Unfallrisiken für die dort ansässige Bevölkerung.
Verkehrsvermeidungbei City-Logistik und kleinräumigem Lieferverkehr notwendig
Insgesamt bestehen die künftigen Herausforderungen für die Magdeburger Wirtschaft und den Wirtschaftsverkehr in der Verkehrsvermeidung durch rationalisierte Transport- und Logistikprozesse, in der Nutzung klimaschonender Antriebe für Transportfahrzeuge, in der Reorganisation von Lieferketten und der Verlagerung von Transportvolumina auf klimaneutrale Verkehrsmittel.
Strategien
- WiV_01: Der Wirtschaftsverkehr hat gegenüber dem motorisierten Individualverkehr besondere Priorität. Aufgabe der LHMD ist es, weiterhin die dafür erforderlichen Rahmenbedin-gungen in Abstimmung mit den Unternehmen zu sichern. Dabei sollen Störungen anderer städtischer Nutzungen soweit wie irgend möglich vermieden werden.
- WiV_02: Die LHMD entwickelt in Kooperation mit Nachbarkommunen, lokalen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Navigationsdiensten ein Gesamtkonzept für eine umwelt- und stadtverträgliche sowie betriebswirtschaftlich effektive Abwick-lung des Güterverkehrs. Schwerpunkte sind dabei eine stärkere zeitliche und räumliche Lenkung der Verkehrsströme auf einem verlässlichen Vorrangnetz – außerhalb von zusammenhängenden Wohnquartieren und nach dem Grundsatz der Verkehrs-vermeidung.
- WiV_03: Die LHMD setzt sich ein für eine bedarfsgerechte Anpassung des Verkehrsnetzes insbesondere unter Berücksichtigung des Schwerlastverkehrs bei längerfristigen Bau-vorhaben (Brückenhöhen, Radien im Bereich von Knotenpunkten, Engstellen etc.).
- WiV_04: Die Ausweisung eines für Lang-Lkw geeigneten Straßennetzes ist auch längerfristig nicht vorgesehen.
- WiV_05: Die LHMD veranlasst die stadtverträgliche Einrichtung von Lkw-Sammelstellplätzen und deren Ausstattung (z.B. intermodale Verkehrsinformationen, Sanitäranlagen).
- WiV_06: Die LHMD sorgt für die planungs- und eigentumsrechtliche Sicherung von Standorten für intermodale City-Terminals bzw. innerstädtische Umschlagspunkte. Sie setzt sich gegenüber KEP-Dienstleistern für die Einrichtung und den Betrieb von – im besten Fall anbieterneutralen – Mikro-Hubs bzw. Paketstationen ein, die für die empfangs-berechtigten Personen fußläufig erreichbar sind.
- WiV_07: Die LHMD erarbeitet städtebauliche und gestalterische Vorgaben für die stadtverträg-liche Integration derartiger Einrichtungen und setzt sich in Abstimmung mit der Vielzahl entsprechender KEP-Unternehmen für Verbundlösungen ein.
- WiV_08: Im Rahmen eines „Modellprojekts Magdeburg“ unterstützt die LHMD unter Beteili-gung von ortsansässigen Forschungseinrichtungen sowie von Kurier-, Express- und Paket-Diensten ferner die Entwicklung stadt- und umweltverträglicher Logistikkon-zepte für die „letzte Meile“. Das betrifft sowohl die Prüfung einer möglichen Einrichtung sogenannter stationärer Mini-Hubs als auch des Einsatzes platzsparender und nicht-emittierender Lieferfahrzeuge.
- WiV_09: Die LHMD schafft – in Abstimmung mit Anrainern und betroffenen Unternehmen – die verkehrsorganisatorischen und stadtplanerischen Voraussetzungen für hinreichende Belieferungs- / Andienungsmöglichkeiten und -flächen im öffentlichen Straßenraum, die zur effektiven Ver- und Entsorgung erforderliche sind
- WiV_10: Die LHMD engagiert sich in Kooperation mit den entsprechenden kommunalen und privaten Unternehmen hinsichtlich der Aktualisierung und des Ausbaus eines umweltverträglichen Entsorgungskonzepts für Wertstoffe, Industrie- und Haushalts-abfälle.