Aktuelle Arbeiten an und in der Stadthalle
Der neue Anbau auf der Nordseite
Die bisher wohl größte bauliche Veränderung ist auf der Nordseite der historischen Veranstaltungshalle passiert. Dort, wo lange Zeit ein großes Loch im Gebäude klaffte, ist ein neuer Anbau entstanden. Und dieser wird in Zukunft insbesondere aus technischer Sicht eine wichtige Rolle übernehmen. Denn die Andienung aufwändiger Bühnentechnik wird anders als in der Vergangenheit künftig über die Nordseite der Stadthalle erfolgen. Das hat den Vorteil, dass die Anlieferung und der Aufbau der Technik abgekoppelt von den Besucherströmen im Eingangsbereich auf der Südseite stattfinden können.
Die Technik kann über den Anbau und einen großen Aufzug direkt auf die Bühne im großen Saal transportiert werden. Die Bühne wird künftig auf der Nordseite des Saals zu finden sein. Anders als der neue Anbau ist der große Saal nicht komplett unterkellert. Über große Medienkanäle werden die vielen Leitungen zur Technikausstattung verlegt. Im neuen Anbau wurde dafür mehr Platz eingeplant. In dem Rohbau sind zudem die künftigen Räume der Verwaltung, die ebenfalls dort untergebracht wird, schon erkennbar. An viele Stellen sind Trockenbauwände und damit die späteren Strukturen sichtbar.
Der große Saal
Der Blick in den großen Saal wird derzeit von einem riesigen, zweigeschossigen Raumgerüst bestimmt. Dieses wurde vor allem für die Arbeiten am Dach aufgebaut und bleibt so lange, bis dieses vollständig verschlossen ist und die Installationen und der Ausbau der Saaldecke es nicht mehr erfordern. Trotz des Gerüsts ist eine große Aussparung ähnlich einer eckigen Wanne im Boden des Saals erkennbar. Dort kommt später Hydraulik zum Einsatz, um bei bestuhlten Veranstaltungen die hinteren Sitzreihen anheben zu können, damit auch diese eine ideale Sicht auf die Bühne bekommen.
Weiterhin ragen im großen Saal an den Seiten die Stahlträger der Ränge aus den Wänden. Im Osten und Westen wurde der Altbestand erhalten und punktuell durch neue Stahlnebenträger ergänzt. Auf der Südseite, auf der ehemals die Bühne war, wurde in Stahlbeton-Bauweise die Konstruktion für den Rang ergänzt. Hinter diesem südlichen Rang befindet sich das spätere Herz der Veranstaltungshalle. Dort wird die gesamte Technik mit direktem Blick auf die Bühne gesteuert. So wird es künftig unter anderem auch möglich sein, den großen Saal noch einmal abzutrennen und so einen in der Größe differenzierten Veranstaltungsort zu schaffen.
Die Sanierung des Daches
Bevor neben den Rohmontagen und Medientrassierungen der empfindliche Innenausbau und anschließend der Einbau der Technik erfolgen können, muss das Gebäude vollständig verschlossen sein. Das Dach der Stadthalle hat dafür in den vergangenen Monaten ein neues Sekundärtragwerk aus Stahlbindern erhalten. Hierdurch werden alle neuen Lasten resultierend aus der heute erforderlichen Technik für ein modernes Veranstaltungshaus abgetragen. Das alte Tragwerk blieb erhalten und trägt nur noch die Lasten der Hülle und sorgt auch bei Schnee, Wind und Wetter für die normative Sicherheit.
Einsatz besonderer Fenster
Ein weiterer wichtiger Schritt, ist der Einbau der Fenster im großen Saal. Diese sind sowohl in Größe als auch Materialität eine Sonderanfertigung und müssen mit einem Kran in Präzisionsarbeit in die vorhandene Konstruktion eingesetzt werden. Da nun die kalten Wintermonate bevorstehen, werden bei der Planung der entsprechenden Arbeiten auch immer die Außentemperaturen beachtet. Erst wenn die Stadthalle geschlossen ist, sind ein Beheizen im Inneren sinnvoll und damit bestimmte Arbeiten erst wieder realisierbar.
Arbeiten an der Südseite der Stadthalle
Auch an der Südseite der Stadthalle konzentrieren sich die Arbeiten auf den Verschluss des Gebäudes. Insbesondere auf dieser Seite gab es unerwartete Überraschungen im Mauerwerk, die trotz vorheriger Analysen der Bausubstanz nicht vorhersehbar waren. Wie bei einigen Treppen im Inneren der Halle waren auch hier Pfeiler und Stahlträger gefunden worden, die auf völlig ungeeignetem Mauerwerk lasteten oder hinsichtlich starker Korrosion ersetzt werden mussten. Diese statischen Probleme, die vor allem in der Historie und dem Alter des Gebäudes begründet sind, mussten unbedingt und außerplanmäßig behoben werden. Zahlreiche Stahlträger wurden ergänzt oder der Bestand durch weitere unterstützt. Auch die Klinker-Fassade verbarg einige Überraschungen. Und so mussten und müssen alle Fugen erneuert, einige Steine ausgetauscht und in manchen Fällen sogar das Mauerwerk abgetragen, neu aufgebaut und wieder denkmalgerecht verklinkert werden. Bei einem voll verklinkerten Gebäude in dieser Größe ist von mehreren hunderten Kilometern Fugen auszugehen – eine Mammutaufgabe.
Historie des Gebäudes
Die Stadthalle war nach einer Rekord-Bauzeit im Mai 1927 im Rahmen der damaligen Theaterausstellung eröffnet worden. Im Zweiten Weltkrieg wurden durch einen Bombenangriff große Teil des Veranstaltungshauses zerstört und dann zu DDR-Zeiten in den 1950er Jahren wiederaufgebaut. Diese verschiedenen Stationen bzw. Eingriffe sind heute bei der Sanierung erkennbar, häufig jedoch nicht nachvollziehbar oder sinnvoll und müssen deshalb verbessert werden. Gerade zu DDR-Zeiten musste auf das Material zurückgegriffen werden, was verfügbar war. Eine funktionierende Halle stand damals im Vordergrund.
Modernste Ausstattung für die historische Halle
Bei der jetzigen Sanierung spielt die spätere Funktionalität natürlich eine elementare Rolle. Der entscheidende Unterschied ist der Anspruch, die Stadthalle denkmalgerecht zu sanieren, ihrer Geschichte gerecht zu werden und trotzdem die neuste Technik und Ausstattung zu erzielen. Geschichte und Moderne vereint. Am Beispiel der benötigten Belüftungstechnik für das große Gebäude lässt sich diese Vereinbarkeit gut veranschaulichen. So müssen über zwei Dachöffnungen in der Südseite alle Belüftungselemente teils in Millimeterarbeit mit einem Kran eingehoben werden. Größere Öffnungen wären aus denkmalschützender Sicht nicht möglich gewesen.
Blüthnersaal, sein Zwilling und Lichthöfe
Auf der Südseite der Stadthalle gibt es noch weitere Besonderheiten zu entdecken. Der Blüthnersaal mit einer eigenen kleinen Bühne und Platz für 100 bis 200 Personen ist im Rohbau weitestgehend fertiggestellt. Durch den Tausch der großen Bühne auf die Nordseite der Stadthalle konnten der Blüthnersaal gespiegelt und somit ein weiterer Veranstaltungssaal etabliert werden. Dazwischen sind Lichthöfe entstanden, die durch die neuen Glasdächer viel Tageslicht hineinlassen und ebenfalls neue, nutzbare Räume schaffen.
Eingang und Garderobe
Für die späteren Veranstaltungsbesucher geht es wie gewohnt über die Südseite ins Gebäude. Dieser Eingangsbereich wird in Teilen an das ursprüngliche Farbkonzept der Stadthalle erinnern. Bei den Arbeiten und auf Archivfotos sind immer wieder Nachweise zu den von Johannes Göderitz verwendeten Farben gefunden worden. Unterhalb des großen Saals wird sich die Garderobe befinden. Mehrere Gardeorben-Kuben werden später die Kleiderabgabe ermöglichen. Auch Toilettenanlagen wird es in dieser Ebene wieder geben. Über die Treppenhäuser geht es dann wie gewohnt in den großen Saal. Zur Barrierefreiheit werden aber natürlich auch Fahrstühle eingebaut. Die Lichtbänder an den Seiten der Halle werden wieder erstrahlen. Diesmal aber in hybrider Funktion. Denn dort werden die technischen Zu- und Abluftvorrichtungen mit der Lichtbandoptik neu in Szene gesetzt. Die Oberlichter über den Treppenhäusern, die aufgrund baulicher Probleme lange Zeit verschlossen waren, werden wieder geöffnet.
Multifunktionsfoyer und Balkon
Über dem Eingangsbereich ist außerdem ein neuer Raum entstanden – ein Multifunktionsfoyer für bis zu 400 Personen nutzbar – mit einer weiteren Besonderheit. So kann der von Johannes Göderitz erdachte Balkon auf der Südseite des Gebäudes künftig auch als solcher von den Besuchern genutzt werden. Über einige Treppenstufen geht es hinaus auf den großzügigen Balkon mit Blick auf den Heinrich-Heine-Platz.
Alles in allem wird die Stadthalle eine mit modernster Technik ausgestattete und mit vielen Besonderheiten versehene Veranstaltungshalle in historischem und denkmalgerecht saniertem Gewand. Die feierliche Wiedereröffnung im Rahmen ihres 100. Geburtstages wäre ein Geschenk für die Magdeburgerinnen und Magdeburger, die Stadt und natürlich ihre Gäste.