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Anna Bernegg und Philip Schläger (Urban Catalyst GmbH) stellten anschließend ihren „Blick von außen“ vor.

Was muss eine Innenstadt können?  
Als räumliches Zentrum einer Stadt überlagern sich in der Innenstadt vielfältige Anforderungen. Innenstädte sollen…
- … Arbeit, Wohnen und Freizeit auf engem Raum verbinden;
- … die übergeordnete Versorgungsfunktion der Stadt oder der Region übernehmen;
- … Knotenpunkte der gesamtstädtischen Verkehrsinfrastruktur ausbilden;
- … als zentraler sozialer Raum Begegnungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten für alle Stadtbewohner*innen schaffen;
- … attraktive Zugänge und das Aushängeschild zur Stadt für Tourist*innen und Besuchende gestalten;
- … nach Innen und nach Außen identitätsstiftend wirken.

Durch das Zusammenwirken und die räumliche Verflechtung dieser Funktionsbereiche entsteht Urbanität. Alle diese Themen sollen im Rahmenplan integriert gedacht und entwickelt werden.

Was bedeutet das für Magdeburg?
Im Laufe der vergangenen Wochen hat sich das Projektteam (Urban Catalyst) einen ersten Eindruck verschafft und ist im Rahmen der ersten beiden Stadtspaziergänge (am 25. & 26. Oktober) auch mit Bürgerinnen und Bürgern Magdeburgs ins Gespräch gekommen.
Aus diesen Eindrücken wurden fünf Thesen formuliert, die als erster Diskussionsbeitrag für den Dialog dienen sollen:

1. Zwischenräume überall!
In der Magdeburger Innenstadt existieren viele Leer- und Zwischenräume, in denen eher eine Abwesenheit von Urbanität erlebbar wird. Diese zumeist rückseitigen Räume sind z.T. provisorisch gestaltet, sind un- oder untergenutzt und weisen wenig Aufenthaltsqualität auf. Diese Räume sollten als Entwicklungschance begriffen werden, welches die Magdeburger Innenstadt gegenüber anderen Städten auszeichnet. Im Rahmen des Dialogverfahrens sollte intensiv darüber diskutiert werden wofür diese räumlichen Ressourcen genutzt werden sollen (Bauliche Entwicklung, Neue Frei- und Aufenthaltsqualitäten und grüne Wegeverbindungen, Höhere Nutzungsintensität, Experimentierfelder)?

2. Große Verkehrsräume
Die Magdeburger Innenstadt ist von vielen großen Verkehrsräumen geprägt (Ernst-Reuter-Allee, Otto-von-Guericke-Straße, Breiter Weg, Schleinufer), welche auch die städtebauliche Ordnung der Magdeburger Innenstadt bestimmen. Bzgl. der Verkehrsräume stellen sich aus Sicht der Planer*innen zwei wesentliche Herausforderungen. Wie machen wir unseren Verkehr fit für die Zukunft? Mit der Zielstellung einer zukunftsgewandten und ökologisch nachhaltigen Verkehrsentwicklung stellt sich auch für Magdeburg die Frage, nach einer zukünftigen Umverteilung zugunsten anderer Verkehrsmittel. Zum anderen wirken die Verkehrsachsen gegenwärtig als deutliche stadträumliche Barrieren, welche die Erlebbarkeit der Innenstadt als Ganzes erschweren. Wie können diese überwunden werden und wie können die großen Infrastrukturachsen mehr Aufenthalts- und Erlebnisqualitäten entwickeln?

3. Eingangstor Shopping-Malls!
Der zentrale Ankunftsbereich der Magdeburger Innenstadt ist räumlich und funktional maßgeblich von Einkaufszentren geprägt. Neben einer effizienten Versorgungsfunktion der Gesamtstadt und Region stellen die Einkaufszentren die Innenstadt vor vielfältigen Herausforderungen. Die starke Konzentration der Einzelhandelsangebote hat Konkurrenzen zu anderen (kleinteiligen) Einzelhandelshandelsbereichen geführt. Durch die nach Innen orientierten Strukturen wird auch die Urbanität aus dem Stadtraum nach Innen gezogen. Zudem stellen gegenwärtige Trends wie die Digitalisierung und der Online-Handel die Frage, wie das Konzept Einkaufszentrum zukunftsfähig bleiben kann. Die Frage wo und wie wir in Zukunft einkaufen möchten, sollte daher im Rahmen des Dialogverfahrens eine wichtige Rolle spielen.

4.  Innenstadt als Nachbarschaft!
Im Gegensatz zu manch anderen Innenstädten Deutschlands weist die Magdeburger Innenstadt einen sehr hohen Anteil an Wohnnutzungen in sehr unterschiedlichen städtebaulichen Typologien auf. Die Innenstadt ist somit also auch ein wichtiger Alltagsraum zu betrachten. Wie können die Innerstädtischen Wohnquartiere auch in Zukunft attraktiv für vielfältige Lebensmodelle sein und welche Anforderungen stellen diese an ihr Wohnumfeld? Wie können die Quartiere besser miteinander vernetzt werden?

5. Suche nach Identität!
Die Magdeburger Innenstadt hat im Laufe des 20. Jahrhunderts immense politische und gesellschaftliche Umwälzungen erfahren, die sich im besonderen Maße in ihrer baulichen Struktur niederschlagen. Die großflächige Zerstörung im zweiten Weltkrieg hat sich in das kollektive Gedächtnis Magdeburgs eingeschrieben. Das bauliche Erbe der DDR wird sehr kontrovers bewertet, das auch aus den Gesprächen mit den Teilnehmenden der Stadtspaziergänge immer wieder deutlich wurde. Im Spannungsfeld zwischen einer Rückbesinnung auf Otto dem Großen, der als zentrale Figur des Stadtmarketings fungiert und dem Claim „Out of the Void“, mit der die Stadt um die Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas in das Rennen gegangen ist, findet die aktuelle Debatte statt. Der Rahmenplan soll auch hierzu einen Beitrag liefern.