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Two Benches, 1999

Holzer, Jenny

Die Art und Weise, wie Jenny Holzer seit Ende der 1970er Jahre zunächst ausschließlich in der großstädtischen Öffentlichkeit künstlerisch zu arbeiten begann, war ein Reflex auf die als wirkungslos empfundenen Praktiken der zeitgenössischen Kunst in den USA. "Ich wollte meiner Kunst einen Inhalt geben". So versuchte sie ihre damalige Intention 1989 in einem Interview mit Diane Waldman auf den Punkt zu bringen. Sie litt darunter, dass sie kein "richtiges Thema" hatte, und zwar für "ein großes Publikum", ein Thema, das die Leute, die während einer Arbeitspause auf dem Weg zum Essen sind, dazu bringen sollte, stehen zu bleiben.

Aus diesem Antrieb begann sie Kurztexte zu schreiben, die nicht von den Problemen der Kunst, sondern von denen des alltäglichen Lebens handeln. Kommunikationskanäle der Massengesellschaft vor allem waren zunächst die Schleusen, über die sie subversiv in die Wirklichkeit gelangten: Sticker, Schirmmützen, Plakate, Fotos in Zeitschriften, Schilder, Radiosender, elektronische Reklametafeln, Projektionen, Gehwegsteine, schließlich auch einfach gestaltete Steinbänke. Von einem Wort oder kurzen Sätzen bis zu mehrzeiligen lyrischen oder essayistischen Sequenzen reicht das Repertoire. Neben dem eigentlichen Inhalt der Texte ist es in der Öffentlichkeit vor allem die Kontrapunktik zum gewählten Medium und zum Umfeld, die Aufmerksamkeit und Bedeutsamkeit herstellt. Die seit Anfang der 1980er Jahre einsetzende Arbeit für Galerien und Museen erlaubte Holzer dann auch die Darstellung komplexerer oder diffizilerer Zusammenhänge.

Mit Steinbänken in der strengen Form, die auch die Magdeburger besitzen, hat Jenny Holzer erstmals 1987 in einer Ausstellung in einer Galerie in Chicago gearbeitet. Im gleichen Jahr installierte sie im Rahmen von "Skulptur.Projekte" in Münster 5 Bänke nach barocken Vorbildern im dortigen Schlossgarten. Beide Male verwandte sie Texte aus der 1986 entstandenen Sammlung "Under a Rock", in der sie erklärtermaßen "unaussprechliche oder zumindest unangenehme Dinge zur Sprache" bringen wollte, "Dinge, die unter Steinen hervorgekrochen kommen." Einen dieser Texte, in Münster positionierte sie ihn absichtsvoll in der Nähe eines Kriegerdenkmals, kontrastiert sie im Kreuzgang des Klosters Unser Lieben Frauen mit jenem Satz aus Novalis' "Heinrich von Ofterdingen", in dem das Ur-Symbol der deutschen Romantik, die "blaue Blume", zum ersten Mal erwähnt wird. Ganz offenbar ist diese Konstellation durch das von Ludwig Thormählen geschaffene Denkmal inspiriert worden, das sich ebenfalls im Kreuzgang befindet. Es ist Lehrern und Schülern des damals im Kloster beheimateten Gymnasiums gewidmet, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind. Der Jünglingskopf obenauf ist ein Porträt eines Freundes von Thormählen, Bernhard von Uxkull, der sich im Krieg selbst das Leben nahm.

Der Text von Jenny Holzer in einer Übersetzung von Jürgen Blasius: "DIE LEUTE GEHEN DORT AN DEN FLUSS, WO SCHLAMM UND DICHTES GEBÜSCH DEN BODEN BEDECKEN, UM GEFANGENE ZU ERSCHIESSEN UND DANN ZU VERSENKEN ODER AUF DEM WASSER TREIBEN ZU LASSEN. SCHÜSSE TÖTEN MÄNNER, DIE IMMER ETWAS WOLLEN. IRGEND JEMAND SAH, ODER GLAUBTE ZU SEHEN, WIE SIE GEGEN DIE REGIERUNG HETZTEN. JETZT TAUCHEN ODER TREIBEN LEICHEN IM WASSER, VERSTÖREN DIE FREUNDE ODER MACHEN SIE ZORNIG."

Über den Künstler

Jenny Holzer (* 29. Juli 1950 in Gallipolis, Ohio) ist eine US-amerikanische Konzeptkünstlerin.

Sie hat die Ohio University, die Rhode Island School of Design und das Independent Study Program am Whitney Museum of American Art betreut. Holzer war ursprünglich eine abstrakte Künstlerin, hauptsächlich mit Malereien und Drucken beschäftigt. Nachdem sie 1977 nach New York City gezogen ist, hat sie angefangen mit Text als Kunst zu arbeiten. Der Mittelpunkt von Jenny Holzers Arbeit ist die Realisierung von Ideen im öffentlichen Raum. Straßenplakate sind ihr bevorzugtes Medium, wobei sie für ihre Arbeiten auch andere Medien benutzt, wie LED-Leuchtbänder, Sitzbänke, Aufkleber, T-Shirts und das WWW. Sie ist Mitglied der Gruppe Colab.

In Deutschland wählte sie erstmals Anfang der 1990er Jahre in Nordhorn einen Garten als Medium zur Schaffung eines Anti-Memorials gegen Krieg und Nationalsozialismus im Rahmen des internationalen Landschaftskunst-Projektes Kunstwegen Nordhorn.

Im Juni 2005 entschied sich das Stadtparlament von Wiesbaden mit den Stimmen von CDU, FDP und Republikanern, ein von Holzer entworfenes Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus nicht aufzustellen.

ARBEITEN

: Truisms, (seit 1979) ist wahrscheinlich ihre bekannteste Arbeit. Jenny Holzer hat eine Serie von Statements und Aphorismen (truisms) zusammengestellt und diese auf verschiedene Arten veröffentlicht: aufgelistet auf Straßenplakaten, auf einer Hausfassade 1982 in Kassel anlässlich der documenta 7, in Telefonzellen, 1982 sogar auf einer der LED-Leuchttafeln des Times Square oder 1999 auf einem BMW V12-Rennwagen für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans

: Inflammatory Essays (1978-79), wo sie Texte von Trotzki, Hitler, Mao, Lenin und Emma Goldman verwendete.

: Living Series (frühe 1980er)

: Survival Series (1983-1985), mit militanteren Aphorismen.

: Under a Rock

: Lament

: Child Text, ein Werk zum Thema Mutterschaft für die Biennale von Venedig von 1990.

: Please Change Beliefs (1995) [1], erstellt für die Netzkunst-Galerie adaweb [2].

: Black Garden/ Schwarzer Garten (erbaut 1992-1994) in Nordhorn (Niedersachsen) im Rahmen des Skulpturenprojekts ?Kunstwegen?

: Textsäule im Bundestag (1999)

: For Paula Modersohn-Becker (2005) im Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen

(Quelle: de.Wikipedia.org)