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Handlungsfelder und Schwerpunktthemen

Der Sachstandsbericht gibt die Untersuchungsergebnisse für die priorisierten Schwerpunktthemen im Klimaanpassungskonzept für die Landeshauptstadt Magdeburg wieder.

Durch Verschneidung von klimatischen und sozioökonomischen (räumlichen) Daten wurden innerhalb des Stadtgebietes räumlich differenzierte Aussagen gewonnen und daraus Betroffenheiten auf Stadtteilebene ermittelt. Jene Betroffenheiten sind Grundlage zur Ableitung und Verortung konkreter Anpassungsmaßnahmen, welches der nächste bedeutende Arbeitsschritt im Anpassungskonzept sein wird.

Wärmebelastung für die Bevölkerung

Bei der Analyse der Betroffenheit im Handlungsfeld Menschliche Gesundheit wurde die sommerliche Wärmebelastung der Bevölkerung in den Vordergrund gestellt.
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ie Analysekarte zur Wärmebelastung zeigt die Überlagerung der aufgeführten Datengrundlagen für die Gegenwart. Die höchste Anzahl von Tagen mit Wärmebelastung (Klimasignal) wird mit bis zu vierzig Tagen pro Jahr insbesondere in den dicht besiedelten, innerstädtischen Stadtteilen wie z.B. Altstadt und Stadtfeld Ost erreicht. Eher locker bebaute Stadtteile am Rand des Magdeburger Stadtgebietes (z.B. Hopfengarten, Diesdorf, Berliner Chaussee) weisen dagegen mit einer Wärmebelastung an ca. 20-26 Tagen deutlich geringere Werte auf. In unbebauten Bereichen wie Waldgebieten, Wasserflächen, Acker- und Grünland ist aufgrund der vollumfänglich stattfindenden natürlichen Ausgleichsfunktion die Wärmebelastung am geringsten.
Insgesamt korreliert die räumliche Verteilung der Tage mit Wärmebelastung gut mit den Einflussgrößen Versiegelungsgrad, Anteil an Grün- und Wasserflächen, Bebauungsdichte, Albedo und Durchlüftungsverhältnisse. Als sozioökonomische Faktoren (Sensitivität) werden in der Analysekarte Anteil und die auf Stadtteile bezogene Verteilung von sensiblen Bevölkerungsgruppen (relativer Anteil an Gesamtbevölkerung) dargestellt sowie die soziale Infrastruktur (Krankenhäuser, Kindertagesstätten und Alten- und Pflegeheime) verortet.

Analysekarte Bevölkerung (pdf)

Betroffenheit (pdf)

Unwetterereignisse

Starkniederschläge und Sturmereignisse sind für verschiedene Handlungsfelder ein relevantes Thema. Neben dem Katastrophenschutz und der Wasserwirtschaft sind dies z.B. das Bauwesen und die Landwirtschaft. Die Bestimmung der Betroffenheit durch Unwetterereignisse in Magdeburg erfolgte dabei ausschließlich auf der Grundlage der wetterbedingten Feuerwehreinsätze der Jahre 2010-2015.

Die Analysekarte zeigt die insgesamt 781 Einsatzorte (teilweise Überlagerungen), bei denen die Magdeburger Feuerwehr im Zeitraum 2010-2015 aufgrund einer lokalen Überschwemmung (162) nach einem Starkregenereignis (kein Elbehochwasser) oder eines Sturmschadens (619) nach einem Unwetter ausrücken musste. Als Ursache sind besonders sommerliche Starkregen- bzw. Gewitterereignisse zu nennen. Diese treten unregelmäßig auf und können potenziell an jedem Ort im Magdeburger Stadtgebiet für Starkniederschlag und Sturmschäden sorgen. Vereinzelt können aber auch andere Wetterereignisse (z.B. Winterstürme) ursächlich sein.

Analysekarte Unwetter (pdf)

Betroffenheit (pdf)

Hochwasser der Elbe

Die Abschätzung des zeitlichen Auftretens und der Auswirkungen von Flusshochwassern ist ein komplexer Prozess, der im Rahmen eines kommunalen Anpassungskonzeptes nicht geleistet werden kann, zumal die Ursachen im Falle eines Elbehochwassers in Magdeburg außerhalb des Stadtgebietes liegen. Dies gilt umso mehr, da der direkte Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und Veränderungen im Auftreten von Hochwasser bisher nicht nachweisbar ist sowie die komplexen Ursachen, die zu einem Hochwasser führen, durch die (Klima) Modellierung nur unzureichend wiedergegeben werden können.

Die Analysekarte zeigt das Überschwemmungs- und das überschwemmungsgefährdete Gebiet in den Magdeburger Stadtteilen. Grundlage für die dargestellten Flächen sind die Risikokarten des LHW (LHW 2016). Das Überschwemmungsgebiet entspricht dabei der Risikokarte im Falle eines HQ 100-Ereignisses; das überschwemmungsgefährdete Gebiet stellt die zusätzlich betroffenen Flächen im Falle eines HQextrem-Ereignisses dar. Da beim HQextrem jedoch bestehende sowie operative Hochwasserschutzmaßnah-men keine Berücksichtigung finden, ist dieses Szenario nur sehr bedingt als realistisch anzusehen, weshalb die HQextrem-Überschwemmungsflächen in der Analyse als überschwemmungsgefährdet deklariert worden sind. Weiterhin ist für jeden betroffenen Stadtteil die absolute überschwemmte bzw. überschwemmungsgefährdete Fläche angegeben (Kreisgrößen), welche sich jeweils in die Anteile (Kreissegmente) betroffener kritischer Flä-chennutzungsformen (Wohn- und Mischbau, Industrie und Gewerbe, Verkehrsfläche) sowie betroffener sonstiger Flächennutzungsformen (Acker-, Grün- und Freizeitfläche sowie Wald) unterteilt. 

Die Überschwemmungsflächen im Falle eines HQ 100-Hochwassers erstrecken sich hauptsächlich über die Elbauen im Süden und die angrenzenden Flächen des Umflutkanals sowie den Biederitzer Busch. Weitere Überschwemmungsflächen befinden sich in der Umgebung der nördlich gelegenen Seen sowie im Rückstaubereich von Gewässern 2. Ordnung, wie z.B. der Sülze. Als überschwemmungsgefährdete Gebiete, also Gebiete, die im Falle eines HQextrem-Ereignisses (ohne Berücksichtigung von Hochwasserschutzanlagen) über-schwemmt wären, sind nahezu alle ostelbisch gelegenen Stadtgebiete und der gesamte Bereich zwischen dem Gewässersystem von Schrote und Kleiner Sülze sowie der Elbe anzusehen. In manchen innerstädtischen Stadtteilen (Alstadt, Werder, Buckau, Alte Neustadt) befinden sich auch kritische Nutzungsformen (Wohn- und Mischbau, Industrie und Gewerbe, Verkehrsflächen) im Bereich von Überschwemmungs- und überschwem-mungsgefährdeten Arealen. Außerhalb dieser 4 Stadtteile befinden sich kritische Nutzungen jedoch vornehmlich im überschwemmungsgefährdeten Gebiet und kaum im direkten Überflutungsbereich eines HQ100.

Analysekarte Hochwasser (pdf)

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Erosion durch Starkregen auf Ackerflächen

Die Erosion auf Ackerflächen ist für die Landwirtschaft von hoher Bedeutung. Aus diesem Grund werden von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Kartengrundlagen zur Wassererosion bereitgehalten.

Die Analysekarte stellt die Erosionsgefährdung durch Niederschläge bzw. Starkregen anhand des potenziellen Bodenabtrags für die Ackerflächen im Magdeburger Stadtgebiet dar. Naturgemäß finden sich in den Innenstadtlagen keine Ackerflächen. Diese verteilen sich in etwa kreisförmig um den besiedlten Bereich. Augenfällig ist, dass die Ackerflächen Ostelbiens durch einen sehr geringen potenziellen Bodenabtrag (flächendeckend unter 3 t/(ha*a)) gekennzeichnet sind, während die westelbischen Ackerflächen (mit Ausnahme der Flächen im nördlichen Stadtgebiet) mitunter höhere Bodenabtragswerte aufweisen. Ursächlich dafür sind deutliche Unterschiede in der Korngrößenzusammensetzung der Böden. Die Böden Ostelbiens sind in der Regel durch relativ grobe Korngrößenfraktionen (v.a. Sand) charakterisiert, die westelbischen vorwiegend durch feinere Fraktionen (z.B. bei Schwarzerden). Feine Korngrößenfraktionen erhöhen die Bodenerodierbarkeit eines Bodens, was in einer erhöhten Erosionsgefährdung resultiert. Die Flächen mit der größten Erosionsgefährdung befinden sich im Süden (westelbisch) und im Westen des Stadtgebiets mit teilweise über 50 t/(ha*a). Zusätzlich zur relativ hohen Bodenerodierbarkeit wirkt sich auf diesen Flächen die größere Reliefenergie verstärkend auf die Erosionsgefährdung aus. Die Faktoren  Hanglänge und Hangneigung sind im Vergleich zu flacheren Gebieten (z.B. Ackerflächen im Norden des Stadtgebiets) erhöht und schlagen sich entsprechend im potenziellen Bodenabtrag wieder.

Analysekarte Erosion (pdf)

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Wasserknappheit auf Ackerflächen

Als Schwerpunktthema im Handlungsfeld Landwirtschaft wurde neben der Erosion durch Starkregen die Wasserknappheit auf Ackerflächen genauer untersucht. Die Analysekarte zeigt die flächenhafte Verteilung des pflanzenverfügbaren Wassers. Generell ist die Wasserversorgung im Stadtgebiet Magdeburg als relativ gut einzuschätzen. Es existieren keine Flächen auf denen die negative klimatische Wasserbilanz die Summe aus nutzbarer Feldkapazität und kapillarem Aufstieg übersteigen und demnach ein Wassermangel in der Vegetationsperiode vorliegen würde. Ähnlich zu den Betrachtungen im Schwerpunktthema Erosion durch Starkregen lassen sich wiederum Unterschiede bzgl.des pflanzenverfügbaren Wassers in Abhängigkeit von der Elbseite erkennen. Während östlich der Elbe das pflanzenverfügbare Wasser mit mehrheitlich weniger als 160 mm relaitv gering ist, stellt sich die Wasserversorgung westelbisch mit überwiegend über 160 mm deutlich besser dar. Ein Grund dafür ist, dass die westelbisch in weiten Teilen vorhandenen Hochertragsböden durch ein großes Porenvolumen (v.a. Mesoporen) charakterisiert sind, was die Feldkapazität entsprechend erhöht. Zudem fällt die KWB im Südwesten Magdeburgs weniger negativ aus als im übrigen Stadtgebiet. In talähnlichen Geländestrukturen mit Fließgewässern reichen die Ackerflächen häufig an diese heran und es besteht dadurch Anschluss an das Grundwasser (z.B. Großer Wiesengraben im Beyendorfer Grund). Für einige wenige Flächen konnten keine Aussagen gemacht werden,da hier nur unzureichende Bodeninformationen vorlagen.

Analysekarte Wasserknappheit (pdf)

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Trockenstress bei Stadtbäumen

Stadtbäume sind im Vergleich zu ihren Artgenossen in Wäldern oder in der freien Landschaft einer Vielzahl von Ungunstfaktoren (z.B. verdichtete und versiegelte Böden, eingeschränkter Wurzelraum, Verkehrsimmissionen) ausgesetzt. Die Auswirkungen des Klimawandels (insb. häufigere und intensivere Hitze- und Trockenperioden, Extremwetterereignisse) erschweren die Lebens- und Wachstumsbedingungen von Stadtbäumen zusätzlich. Gerade unter dem Aspekt der Klimaanpassung ist es bedeutsam, die Vitalität und somit die Funktionalität (z.B. Verdunstungskühlung, Filterwirkung) von Stadtbäumen zu erhalten und zu verbessern, weshalb das Thema „Trockenstress bei Stadtbäumen“ im Handlungsfeld Menschliche Gesundheit schwerpunktmäßig untersucht wurde.

Die Analysekarte gibt einen Überblick zur Anzahl, zur flächenhaften Verteilung und zur klimatischen Eignung der Stadtbäume in den Magdeburger Stadtteilen. Die meisten Stadtbäume sind demnach in den Stadtteilen Werder (über 12.000), Herrenkrug (über 8.000) und Stadtfeld West (über 6.000) situiert. Viele weitere Stadtteile zeichnen sich aber ebenfalls durch einen großen Baumbestand aus. Hinsichtlich der klimatischen Eignung (Trockenstresstoleranz nach KLAM) bestehen jedoch augenfällige Unterschiede. Einige Stadtteile weisen einen klimatisch recht geeigneten Baumbestand mit nur einer geringen Anzahl an Baumarten mit problematischer oder sehr eingeschränkter Trockenstresstoleranz auf (z.B. Gewerbegebiet Nord, Salbke, Cracau). In anderen Stadtteilen, wie z.B. Werder, Berliner Chaussee, Sülzgrund, ist der Anteil klimatisch eher wenig geeigneter Baumarten hingegen relativ groß. Für einige Baumarten konnte keine Bewertung der Trockenstresstoleranz erfolgen (z. B. Stadtfeld West), diese fanden in der Betroffenheitsanalyse nur mengenmäßig Berücksichtigung. Der Versiegelungsgrad, der als Indikator für die Standortbedingungen der Stadtbäume in den jeweiligen Stadtteilen herangezogen wurde, ist erwartungsgemäß in Stadtteilen mit ausgeprägter Wohn-, Gewerbe- oder Verkehrsnutzung am größten (Altstadt, Industriehafen, Leipziger Straße).

Analysekarte Trockenstress (pdf)

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Trockenheit auf Waldflächen

Die Forstwirtschaft ist ebenso wie die Landwirtschaft ein sehr naturbezogenes Handlungsfeld und seit langem mit sich ändernden Klimabedingungen vertraut. Im Gegensatz zur Landwirtschaft, die i. d. R. mit jährlich wechselnden Kulturen arbeitet, wird im Bereich der Forstwirtschaft mit deutlich längeren Nutzungsperioden gearbeitet. Dadurch liegen aus der Vergangenheit bereits Erfahrungen mit klimatischen Veränderungen auf vorhandene Baumbestände bzw. Waldgesellschaften vor, gleichzeitig sind für die Zukunft deutlich langfristigere waldbauliche Planungen notwendig. Wichtige Größen für das Handlungsfeld sind Niederschlag und Temperatur. Für den Niederschlag ist künftig mit einer Verschiebung vom Sommer hin zum Winter zu rechnen. Eine Veränderung des Bodenwasserhaushaltes wäre die Folge, die z. B. zu langanhaltenden Nassphasen im Winter führen kann.

Die erhöhte Jahresdurchschnittstemperatur führt als Chance zu einer Verlängerung der forstlichen Vegetationsperiode. Die Nutzung dieses Potenzials hängt jedoch stark von der Wasserverfügbarkeit in der Vegetationsperiode ab. Die klimatische Wasserbilanz jedoch dürfte sich unter dem Einfluss des Klimawandels spürbar gegenüber der Gegenwart verschlechtern (vgl. Kap. ‎2.2.3 Landwirtschaft). Die veränderten Standortbedingun-gen schränken die Verbreitung bzw. den Anbau von Arten, die wenig hitze- und trockenheitstoleranter sind. So wäre vor allem die Gemeine Fichte (Picea abies) eine Art, die mit den veränderten klimatischen Bedingun-gen nur noch sehr schlecht zurechtkommt, in Zukunft als problematisch einzustufen. Ertragseinbußen für die Forstwirtschaft könnten die Folge sein, sollte diese Baumart einen großen Anteil des Bestandes stellen, was für die Stadt Magdeburg allerdings nicht zutrifft. Die Problematik der sinkenden Wasserverfügbarkeit in der Vegetationsperiode wird überall dort etwas ent-schärft, wo die Baumbestände eine Anbindung an einen relativ oberflächennahen Grundwasserhorizont ha-ben, wie dies im Gebiet östlich der Elbe überwiegend der Fall ist. Erst wenn auch diese Grundwasserstände klimabedingt (oder durch andere Ursachen bedingt) ebenfalls sinken, sind diese Baumbestände ähnlichen Stresssituationen ausgesetzt, wie oben geschildert. Die Auswirkungen dürften in diesen Fällen sogar gravie-render sein, da die Baumbestände an die bisher relativ hohen Grundwasserstände adaptiert waren. Besonders Altbäume wären dann gefährdet. Gleichzeitig ist mit Risiken durch häufigere Dürre- und Hitzeperioden zu rechnen, die Waldbrände begünstigen. Waldbrände entstehen zwar meist durch das Fehlverhalten von Menschen und seltener durch Selbstent-zündungen; bestimmte klimatische Verhältnisse erhöhen aber die Gefahr von Waldbränden und deren flä-chenhafte Ausbreitung. Höhere Durchschnittstemperaturen ermöglichen auch bessere Überdauerungs- und Ausbreitungsbedingungen für Schädlingsinsekten wie Borkenkäfer, Eichen-Prozessionsspinner, Nonnenspinner oder Maikäfer. Die Verhältnisse sind hier ähnlich wie in der Landwirtschaft. Aktuell ist hier vor allem der Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis) zu nennen, dessen erstes Auftreten im Stadtgebiet Magdeburg beobachtet wurde und aufgrund dessen Teile des Waldgebietes Biederitzer Busch Anfang 2016 als Quarantänegebiet ausgewiesen wurden. Ebenso sorgen die höheren Durchschnittstemperaturen für weniger Bodenfrost, wodurch die Anzahl der Tage, an denen die Wege auch mit schwerem Forstgerät befahrbar sind, reduziert wird. Dadurch verkürzt sich die Zeit, in denen mit der heutigen Technik waldbauliche Maßnahmen bzw. Holznutzung erfolgen können, teilweise noch einmal erheblich, was zu gravierenden betriebsorganisatorischen Problemen führen kann. Extreme Wettereignisse sind neben Dürre- und Hitzeperioden auch Starkregen und Stürme.

Analysekarte Waldflächen (pdf)

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