Ungeregelte Privatisierung von Mobilitätsdiensten ausschließen
Im Rahmen der Verkehrsentwicklungsplanung ist es relevant, ob und wie die Verkehrsmittelwahl
- im Sinne des Vorzugsszenarios "Stärkung des Umweltverbundes" und der Ziele des Mobilitätsmanagements
- zugunsten multimodalen Verhaltens beeinflusst werden kann. Das betrifft
die intensivere Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs unter Einbeziehung von Radfahren, Zu-Fuß-Gehen ebenso wie verschiedener Formen von "Shared Mobility".
Die Festlegung auf eine Verkehrsart wird mehr und mehr verschwinden und durch eine multimodale Verkehrsmittelnutzung ersetzt werden. Vorliegende Erfahrungen belegen, dass multimodale Mobilität durch jederzeit abrufbare Informationen zu allen, am jeweiligen Standort verfügbaren Verkehrsmitteln zu fördern ist. Notwendige Voraussetzung dafür ist die digitale Konnektivität, die eine multimodale Nutzung ohne zeitlichen Verzug – und möglichst bargeldlos – gestattet.
Für den ÖPNV in Magdeburg und der benachbarten Region kann dies bedeuten, dass Angebote neuer Mobilitätslösungen auf den Markt drängen und unter dem Stichwort "Mobility as a Service" (MaaS) flexible Angebote für jede Eventualität versprechen. Um eine ungeregelte Privatisierung von Mobilitätsdienstleistungen und damit Konkurrenzen zum ÖPNV auszuschließen, ist eine zentrale Steuerung und Verknüpfung unabdingbar. Sie muss die Synergien von privaten Unternehmen und MVB sicherstellen. Eine Vernetzung von unterschiedlichen Sharing-Angeboten und ÖPNV unter dem gemeinsamen Dach einer Mobilitätsplattform wird überdies zur deutlichen Attraktivitätssteigerung des ÖPNV beitragen. Sie erfordert die Bereitstellung digitaler Auskünfte
für alle am Verkehr teilnehmenden Personen zu verfügbaren Verkehrsmitteln und Mobilitätsangeboten
sowie zu Linien, Fahrplänen und Anschlussmöglichkeiten im ÖPNV-Netz.
Entwicklungspotential für Multimodalität in Magdeburg
Entsprechend dem Ergebnis des SrV 2018 ist das Verhältnis von Personen, die in Magdeburg monomodal und solchen, die multimodal unterwegs sind, nahezu ausgeglichen. 49 Prozent bewegen sich multimodal, davon 42 Prozent auch unter Nutzung eines motorisierten Fahrzeugs. 51 Prozent nutzen jeweils nur ein einziges Verkehrsmittel, davon 32 Prozent ein Auto. Das Potential für multimodalen Verkehr ist folglich groß. Erforderlich ist jedoch die Erweiterung entsprechender Optionen – unter Einbeziehung neuer Mobilitätsangebote – aber vor allem auch mit Beteiligung der bislang weitgehend monomodal ausgerichteten Verkehrsunternehmen.
Ziel: Verknüpfung aller öffentlich zugänglichen Mobilitätsangebote
Wichtiger Grundsatz der Mobilitätsentwicklung bis 2030 ist daher die Vernetzung unterschiedlicher Angebote im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs (ÖPNV bzw. SPNV) und des individuellen öffentlichen Personenverkehrs (IÖV). Vorrangiges Ziel ist im Hinblick darauf die Verknüpfung aller Mobilitätsangebote auf Basis eines verkehrsmittelübergreifenden E-Tickets.
Strategien
- VeMo_01: Die LHMD und die MVB streben eine Einbeziehung zusätzlicher Mobilitätsservices in den öffentlichen Nahverkehr an. Dies betrifft auch die Nutzung der im Zusammen-hang damit generierten Daten zur Effizienzsteigerung des ÖPNV und damit des Ge-samtverkehrssystems. Ziel ist es, die Nutzung aller Verkehrsarten so weit wie mög-lich zu steuern und so Ineffizienzen wie Staus, überfüllte bzw. leere Fahrzeuge im ÖPNV auf bestimmten Strecken ebenso wie fehlende Angebote geteilter Mobilität an bestimmten Orten oder zu bestimmten Zeiten zu vermeiden (siehe MoZu_01).
- VeMo_02: Bike- und CarSharing-Angebote werden in Teilen eigenständig durch die öffentlichen Verkehrsunternehmen betrieben. Die Daten sowie die Routing- und Abrech-nungssoftware für private Betreiber wird allein von ihnen zur Verfügung gestellt.
- VeMo_03: Die LHMD betreibt im Interesse einer engeren Verknüpfung von MIV und ÖPNV gemeinsam mit MVB und marego und in Abstimmung mit Nachbarkommunen die Erweiterung des Angebotes an P+R-Plätzen – ggf. auch im Kombination mit B+R am Stadtrand und in der Region in enger Anbindung an den ÖPNV (siehe MMa_15).
- VeMo_04: Informationen zu Standorten sowie zur jeweiligen Auslastung sämtlicher P+R-Plätze sind über das Mobilitätsportal Mitteldeutschland abrufbar (siehe Kapitel „Verkehrs-management“ VMa_01).
- VeMo_05: Die LHMD prüft überdies evtl. erforderliche qualitätsverbessernde Maßnahmen bei bereits bestehenden P+R-Plätzen (z.B. Beleuchtung, Video-Überwachung, Echtzeit-Fahrplaninformationen, kostenloses WLAN, witterungsgeschützte Warteständen für Fahrgäste).
- VeMo_06: Die LHMD entwickelt gemeinsam mit der MVB und unter Einbeziehung bereits vor-liegender Erfahrungen anderer Städte – ggf. in Abstimmung mit privaten Mobilitäts-dienstleistungsunternehmen – ein Konzept zur Einrichtung von Mobilitätsstationen (siehe Kapitel „Mobilitätsmanagement“ MMa_13). Sie dienen einer Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsmittel, unter Einbeziehung geteilter Mobilitätsangebote („Shared Mobility“), und sollen deren rasche Verfügbarkeit ermöglichen. Als bevorzugte Stand-orte dafür kommen wichtige ÖPNV-Schnittstellen innerhalb des Stadtgebietes in Be-tracht (siehe Kapitel „Mobilitätsdienstleistungen der Zukunft“ MoZu_02).
- VeMo_07: Die LHMD unterstützt zur Förderung der multimodalen Verkehrsmittelnutzung ein-schlägig tätige Betreiberunternehmen bei der Einrichtung von Bike & Ride-Anlagen. Diese sollten mit Auto-Stellplätzen, Radabstellanlagen, diebstahlsicheren Fahrrad-boxen sowie Ladesäulen ausgestattet und in das Mobilitätsportal Mitteldeutschland eingebunden sein.
- VeMo_08: Um die begrenzte Reichweite batteriebetriebener Autos sinnvoll nutzen zu können, ist ihr Einsatz in CarSharing-Flotten vorteilhaft, da diese professionell zu managen sind. Die LHMD prüft gemeinsam mit einschlägig tätigen Betreiber- und im Verbund mit den Nahverkehrsunternehmen – nach dem Vorbild Paris – die Möglichkeit einer Etablierung öffentlicher Elektroautos als Ergänzung des ÖPNV. Die Fahrzeuge sind auf frei zugänglichen Parkplätzen an Schnittstellen des öffentlichen Nahverkehrs bzw. an Mobilitätsstationen per Smartphone verfügbar.
- VeMo_09: Zur Implementierung eines solchen Verbund-Modells und unter Bezug auf Erfahrungen aus anderen Städten (z.B. BeMobility) prüft die LHMD gemeinsam mit der MVB die Einführung eines Mobilitätspakets – einer Kombination von ÖPNV-Zeitkarte und Sharing-Abonnement (z.B. BikeSharing-, E-CarSharing usw.) als Gesamtangebot „aus einem Guss“.
- VeMo_10: Gemeinsam mit MVB, marego und NASA GmbH setzt sich die LHMD ein für eine internet-basierte Verknüpfung von Auskunfts-, Buchungs- und Bezahlfunktionen in Bezug auf alle öffentlichen Nahverkehrsmittel einschließlich ergänzender Mobilitäts-angebote (z.B. CarSharing, BikeSharing) und den Eisenbahnfernverkehr.