Superhirn für die Energeiwende wird begehbar
Das mit einer 5 mal 1,5 Meter großen Projektionswand ausgestattete Kontrollzentrum in der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik ermöglicht eine präzise Nachbildung des realen europäischen Energienetzes. Es kann Störungen und Havarien sekundenschnell erkennen und lokalisieren sowie Bedarfe und unterschiedliche Einspeisungen regenerativer Energien steuern. Eine Besonderheit der Leitwarte ist eine Schnittstelle zur Simulationssoftware Matlab, mit der die Warte ferngesteuert werden kann. So können Eingriffe in eine gestörte oder zu optimierende Energieversorgung unverzüglich und präzise erfolgen. Das Großgerät wird auch zur praxisnahen Ausbildung von Studierenden der Universität eingesetzt.
Am 8. Oktober 2019 wird die Leitwarte als einer von insgesamt 20 „Besuchbaren Orten“ im Rahmen des Forschungsprojekts WindNODE feierlich eröffnet. Interessierte können sich künftig werktags nach telefonischer Anmeldung über den Forschungsstand und die Herausforderungen der Digitalisierung der Energiewende informieren und unter Anleitung eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters selbst ausprobieren, ein Übertragungsnetz stabil zu halten und sicher zu führen.
Mehr Informationen zur Leitwarte als „Besuchbarer Ort“ und die Anmeldemodalitäten für Besucher unter www.lena.ovgu.de
Hintergrund
Übertragungsnetze, die der Versorgung ganzer Länder mit elektrischer Energie dienen, werden von mehreren Stellen aus in Netzleitwarten zentral koordiniert. Diese steuern den Stromdurchfluss im Regelbetrieb, müssen aber auch Störungen unverzüglich erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Durch die wachsende Einspeisung großer Mengen Wind- und Sonnenenergie durch viele kleine Erzeuger werden die Prozesse im Netz wesentlich komplexer und dynamischer und deren Steuerung immer aufwändiger. Dazu komme, so Prof. Martin Wolter vom Institut für Elektrische Energiesysteme der Universität Magdeburg, dass Windenergie hauptsächlich in Norddeutschland erzeugt und ins Netz eingespeist werde, die großen Ballungsgebiete mit hohem Stromverbrauch aber vielfach im Süden lägen. So müsse elektrische Energie über weite Strecken transportiert werden. „In Sachsen-Anhalt haben wir eine Überproduktion an Windeinspeisung, Tendenz steigend. Die Windexporte überlagern sich zusätzlich mit grenzüberschreitenden, europäischen Energieflüssen. Dadurch gibt es vermehrt Engpässe im Netz, die nur durch ein kostspieliges Einspeisemanagement behoben werden können“, so der Netzexperte. „Die zunehmende Kleinteiligkeit und Dynamik im Netz ist vom Schichtpersonal kaum noch zu handhaben. Darum sind wir dabei, effektive und optimierte Netzleitsysteme zu entwickeln und zu erproben, was letztendlich eine Kostenreduktion für den Stromkunden im Land bedeuten wird.“ Die Netzleitwarte an der Universität Magdeburg wurde durch das Land Sachsen-Anhalt und die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG kofinanziert.