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Gedenktafel für Reformator Matthias Flacius Illyricus

Zu Ehren des Reformators Matthias Flacius Illyricus gibt es seit dem 16. November 2022 eine Informationstafel. Oberbürgermeisterin Simone Borris und S.E. Gordan Bakota (Botschafter der Republik Kroatien) enthüllten gemeinsam die Tafel am Ulrichplatz. Am Standort der Tafel befand sich früher das Pfarrhaus der Ulrichskirche von dem aus der Reformator aktiv war.

Erinnerung an einen großen Reformator und Europäer

„Mit der Tafel ehrt die Landeshauptstadt einen herausragenden Gelehrten und Europäer. Wir ehren einen Mann des Wortes, der in Magdeburg Zuflucht fand und die Stadt mit ihren Druckerpressen zu einem Synonym für freie Meinungsäußerung machte. Als wichtigster Kopf hinter der ‚Herrgotts Kanzlei‘ hat er Magdeburgs Ruf als Zentrum der Reformation entscheidend mitbegründet“, so Oberbürgermeisterin Simone Borris.

Mit diesen Worten verdeutlichte die Oberbürgermeisterin die Bedeutung des in Magdeburg leider fast vergessenen Reformators. Umso entscheidender ist die Informationstafel anstatt einer Gedenktafel. So wird das wichtige Wirken von Flacius in Magdeburg wieder bürgernah ins Gedächtnis gerufen und als Vermächtnis erfahrbar gemacht. Mit der Tafel sollen die Menschen der Landeshauptstadt Europa in Magdeburg und Magdeburg in Europa neu entdecken.

So bekommt Magdeburg mit dieser neuen Informationstafel mitten in der Altstadt einen verlorenen Ort der Stadtgeschichte zurück. Denn sie markiert am heutigen Ulrichplatz den Standort des alten Pfarrhauses der Ulrichskirche. Das Pfarrhaus beherbergte das Redaktionsbüro der „Magdeburger Centurien“, des ersten Großprojekts der europäischen Geschichtsschreibung. Damit war dies nicht nur eine Wirkungsstätte von Matthias Flacius, sondern ist ein bedeutender Teil des historischen Erbes unserer Stadt.

Die Anregung zur Ehrung von Flacius kam vom kroatischen Botschafter, S.E. Gordan Bakota, der auch an der Einweihung teilnahm.

Grußwort von Simone Borris bei der Enthüllung der Flacius-Gedenktafel
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Sharline Dünow
Publikum bei der Enthüllung der Flacius-Gedenktafel
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Sharline Dünow
Regionalbischof Schneider bei der Enthüllung der Flacius-Gedenktafel
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Teilnehmer an der Enthüllung der Flacius-Gedenktafel
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Kroatischer Botschafter spricht bei Enthüllung der Flacius-Gedenktafel
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© Landeshauptstadt Magdeburg; Sharline Dünow


Jubiläum 2024: 500 Jahre Reformation in Magdeburg

Das Stadtarchiv Magdeburg erarbeitete den Inhalt und die Umsetzung der Informationstafel. Darüber hinaus bereitet das Stadtarchiv weitere Projekte mit Blick auf das 2024 stattfindende Jubiläum „500 Jahre Reformation in Magdeburg“ vor. Unter anderem wird es in Kooperation mit dem Evangelischen Kirchenkreis und vielen anderen Partnern die internationale Fachtagung „Großstadt und Reformation. Metropolen als Innovationsräume“ geben. Dabei werden vom 26. bis 28. Juni 2024 Experten aus den USA und Europa in Magdeburg erwartet, um über Großstädte als Labore des gesellschaftlichen Wandels nachzudenken.

„Flacius schätzte Magdeburg als Wissenschaftsstandort und Kommunikationszentrum mit internationaler Ausstrahlung. Er steht damit für eine Linie in der Stadtentwicklung, an die wir heute verstärkt anknüpfen“, sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris und hofft,

dass mit Veranstaltungen wie diesen, die historische Rolle unserer Stadt im Herzen Europas wieder sichtbarer und lebendiger wird.

Auch heute ist Magdeburg wieder eine Stadt der Wissenschaft, die sich mit ihren universitären Einrichtungen und Forschungsinstituten sowie der Ansiedlung von Intel immer mehr zum Standort für Hochtechnologie entwickelt.

Hintergrundinformationen zu Matthias Flacius

Matthias Flacius (1520 – 1575) war eine Schlüsselfigur der Reformation in Magdeburg, Verfasser zahlreicher reformatorischer Streitschriften sowie Initiator der ersten evangelischen Kirchengeschichte „Magdeburger Centurien“. Er pflegte und verteidigte die Theologie Luthers und war daher in Streit mit anderen Reformatoren dieser Zeit.

Dem Luthertum begegnete Flacius erstmals in Venedig. Da er sich mit ähnlichen theologischen Fragen wie die der Reformatoren konfrontiert sah, wanderte er bewusst in die reformatorischen Gebiete Deutschlands aus. Nach seinem Studium der biblischen Sprachen in Basel und Tübingen zog er 1541 nach Wittenberg, wo er Schüler, Freund und Kollege der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon wurde.

1549 kam Flacius nach Magdeburg, damals Zentrum des Widerstands gegen die Rekatholisierung. Die protestantische Stadt stand unter der Reichsacht des katholischen Kaisers stand (1547 – 1562). Reichsacht war eine Form einer weltlichen Strafe im Unterschied zum Kirchenbann. Wurde über jemanden die Acht verhängt, war dies gleichbedeutend mit einer Recht- und Friedlosigkeit des Betroffenen. Es beinhaltete auch die Isolierung von der menschlichen Gemeinschaft und die Zerstörung oder Beschlagnahmung des Besitzes.

Während dieser Zeit verfasste Flacius zahlreiche politische und widerständlerische Flugschriften gegen die Erlasse des deutschen Kaisers sowie seine Verteidiger. Im Pfarrhaus der Sankt-Ulrich-und-Levin-Kirche (Ulrichskirche) schrieben die Magdeburger Reformatoren den Großteil ihrer Streitschriften, die der Stadt den Beinamen „Unseres Herrgotts Kanzlei“ bescherte.

Flacius war darüber hinaus auch Initiator der „Magdeburger Centurien“, einer zwischen 1559 und 1574 erschienene Buchreihe, die als erster Versuch einer umfassenden Kirchengeschichte aus Sicht der evangelischen Reformation gilt. Seine Zeit in Magdeburg endete 1557, als er an die Universität Jena auf die neutestamentliche Professur berufen wurde.