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Die Manager der Notfälle

Am 11. Februar war der europäische Tag des Notrufs 112. Mit diesem Tag macht die Europäische Union auf die europaweite Gültigkeit der 112 und die Vorteile dieser Notrufnummer aufmerksam. Für Magdeburg.de Grund genug, hinter die Kulissen der Leitstelle in der Landeshauptstadt zu schauen.

Die Leitstelle der Magdeburger Feuerwehr ist der heiße Draht für alle Bürgerinnen und Bürger, die in Notsituationen geraten sind. Von hier aus werden Feuerwehren, medizinische Notdienste und zur Not auch die Kräfte des Katastrophenschutzes koordiniert. Die Mitarbeiter der Leitstelle veranlassen jährlich bis zu 55.000 Rettungseinsätze.

Hochkonzentriert sitzen die Mitarbeiter in der abgedunkelten Leitstelle der Magdeburger Feuerwehr. In einem Raum voller Bildschirme, Telefone und Schaltknöpfe blicken die Männer aufmerksam auf die digitalen Einsatzpläne der Rettungskräfte in der Landeshauptstadt. Ihre zentrale Aufgabe ist es, alle Feuerwehren, Rettungskräfte und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in Notsituationen zu koordinieren.

Viele Anrufe und hohes Einsatzaufkommen

Knapp 20 Personen arbeiten in dem Großraumbüro der Leitstelle, welche seit 1997 etwas versteckt in der Nähe der Tunnelbaustelle in der Brandenburger Straße liegt. Eine Schicht umfasst 12 Stunden, wobei je vier Mitarbeiter in der Tagschicht und drei Mitarbeiter in der Nachtschicht arbeiten. Bei größeren Ereignissen, wie zu Silvester oder bei einem Unwetter, sitzen hier auch schon mal bis zu fünf Personen gleichzeitig, die an ihren Telefonen und Computern die Rettungskräfte in Magdeburg koordinieren. Die Wartezeit in der Notrufleitung soll so möglichst kurz gehalten werden. Dafür braucht es praxiserfahrene Mitarbeiter der Leitstelle, die lange Jahre selbst aktiv Einsätze gefahren sind und sich dadurch einen qualifizierten Umgang mit Notfällen angeeignet haben.

Einer von ihnen ist Frank Otto. Der 59-jährige Hauptbrandmeister arbeitet seit 38 Jahren bei der Magdeburger Feuerwehr und koordiniert bereits seit 2002 die Einsatzkräfte von der Leitstelle aus. Die tägliche Arbeit in der Leitstelle beschreibt er als abwechslungsreich und äußerst intensiv: „Nach einem Anruf in der Leitstelle müssen wir innerhalb einer Minute zu einer Meinung kommen. Die Entscheidung, ob Einsatzkräfte alarmiert werden und welche Art von Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden, müssen wir dann schnell treffen. Deshalb stellen wir of auch Nachfragen, um zu erfahren, ob wirklich ein Notfall vorliegt.“

Dabei gehen nicht nur die Anrufe über die Notfall-Hotline 112 in der Leistelle ein, sondern auch Hilfegesuche, die eigentlich an die Polizei unter der Notrufnummer 110 gerichtet sind. „Die Bürgerinnen und Bürger wählen in Stresssituationen, die in Notfällen entstehen, oftmals im Affekt die 112 an, wobei sie eigentlich mit der Polizei, dem Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst oder anderen Hilfskräfte sprechen wollen“, so Otto. Außerdem lösen moderne Taschen- und Notfalltelefone von älteren Menschen, die beeinträchtigt sind, Fehlalarme aus. Neben den Anrufen auf der Notrufleitung bedienen die Menschen in der Leitstelle auch Anrufe aus den Ämtern der Landeshauptstadt sowie der internen Telefone der Rettungskräfte, Krankentransporte und der Disponenten.

Schwere Verkehrsunfälle, beschädigte Straßenschilder und Betrunkene

Die Anliegen, die die Anrufenden dabei den Feuerwehrleuten in der Leitstelle schildern, können dabei unterschiedlicher nicht sein: Von beschädigten Straßenschildern, über betrunkene Personen und aus dem Nest gestürzte Jungvögel bis hin zu schweren Verkehrsunfällen erreichen täglich bis zu 150 Anrufe die Leitstelle. Um schnell und effektiv passende Rettungsmaßnahmen einleiten zu können, brauchen die Mitarbeiter an den Telefonen konkrete Angaben zum Vorfall. Die bekannten W-Fragen (Wer? Was? Wann? Wo?) helfen, um Informationen von Menschen in meist unübersichtlich erscheinen Notsituationen zu erhalten. „Wir erfahren die Details und teilen sie auf der Fahrt den Rettungskräften mit.“

Doch nicht immer sind die Anrufer den Rettern in der Leitstelle wohlgesonnen. Wenn Frank Otto an die negativen Erlebnisse bei seiner täglichen Arbeit denkt, wirkt er nachdenklich: „Manche Personen werden aggressiv oder persönlich, wenn wir Nachfragen zum Vorfall haben. Viele können kein Deutsch oder Englisch und dann müssen wir schnell improvisieren können, um die wichtigsten Informationen zu erfahren.“ Doch Nachfragen sind wichtig, um zu erfahren, ob die Menschen vor Ort nicht selbst helfen können. Auch doppelte Alarmierungen sollen so möglichst verhindert werden. „Teilweise erhalten wir bis zu 60 Anrufe, wenn eine Mülltonne brennt. Kürzlich rief jemand an, der einfach nur Nasenbluten hatte“, so Otto. Daneben erreichen die Rettungskräfte Anrufe von Personen, die sich melden, weil die Notaufnahmen in den Krankenhäusern überfüllt oder ihnen die Wartezeit bei den Hausärzten zu lang sei. Die Anrufer denken dann, sie würden nach einem Anruf bei der Leitstelle bevorzugt behandelt werden, obwohl bei ihnen kein Notfall vorliegt.

Zahlreiche Rettungskräfte und Einsatzfahrzeuge verfügbar

Bei Notfällen koordinieren die Mitarbeiter der Leitstelle aber sehr schnell die Rettung. Feuerwehrkräfte, Sanitäter oder Notärzte müssen alarmiert sowie die technischen Voraussetzungen für die Rettung bereitgestellt werden. Kranken- und Leiterwagen, Rettungsboote oder auch der Hubschrauber reagieren im Notfall auf die Anrufe aus der Leitstelle. „Die Einsatzkräfte bekommen die Navigationsdaten nach der Alarmierung direkt übermittelt. Die Details zum Vorfall teilen wir den Retterinnen und Rettern während der Fahrt mit. Wir können alle Teile der Stadt innerhalb von 20 Minuten erreichen.“

Die fest eingeteilten Einsatzbereiche für Feuerwehren und den Rettungsdienst der Landeshauptstadt helfen dabei, die Wege zu Unfällen und Notfällen möglichst kurz zu halten. Dabei werden die Mitarbeiter von digitalen und stets aktuellen Karten der Einsatzkräfte unterstützt.

Der Büroraum der Leitstelle
Frank Otto, Hauptbrandmeister bei der Magdeburger Feuerwehr
Der Einsatzwagen in der Leitstelle
Die Transportliege eines Einsatzwagens
Der Innenraum eines Einsatzwagens
Arbeitsplatz der Leitstelle der Magdeburger Feuerwehr
Büro der Leitstelle der Magdeburger Feuerwehr

Zeitdruck und Wertschätzung

Die Schichten der Mitarbeiter in der Leitstelle verlangen den erfahrenen Feuerwehrleuten und Rettungskräften einiges ab. Der Zeitdruck für die Rettung von hilfsbedürftigen Personen sorgt zudem für eine dauerhafte Anspannung unter den Einsatzkräften. Hinzu kommt, dass die Arbeit von Frank Otto und seinen Kollegen oftmals nicht sichtbar für Außenstehende ist. Die Feuerwehrkräfte in Magdeburg suchen ständig Nachwuchs und junge Fachkräfte, die bereit sind, sich den Herausforderungen der Retterinnen und Retter zu stellen. Erst im November 2018 hat der Stadtrat das Budget für die Arbeit der Feuerwehr aufgestockt. So erhoffen sich Politik, Verwaltung und letztlich auch die Rettungskräfte dieser Stadt eine höhere Sichtbarkeit und letztlich noch mehr Wertschätzung ihrer Arbeit.