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Friedrich Albert Immanuel Mellin 

geb. 27. Juni 1796 in Magdeburg
gest. 2. April 1859 in Berlin

Königlicher Generalbaudirektor

M. wurde als zehntes von 18 Kindern des Konsistorialrates Georg Samuel Albert M. (1755-1825) geboren. Der Vater war Prediger an der deutsch-reformierten Gemeinde zu Magdeburg und ein großer Verehrer des Philosophen Immanuel Kant (1724-1804), mit dem er im Briefwechsel stand und der für seinen 1796 geborenen Jungen eine Briefpatenschaft übernahm. M. besuchte die Domschule seiner Heimatstadt, belegte darüber hinaus an der Provinzial-Kunstschule, der Vorläuferin der späteren Kunstgewerbe- und Handwerkerschule, die Fächer Zeichnen und Mathematik. Die Leidenschaft für Mathematik teilte er mit seinem Vater, der ihn inspiriert haben mag, nach Abgang von der Domschule im Jahre 1812 an der Universität Halle mathematische Vorlesungen zu hören. Zugleich absolvierte M. in der Saalestadt bei dem Landbaumeister Hesse eine praktische Ausbildung. I813 sammelte er in Blankenburg im Harz praktische Erfahrungen im Chausseebau. Während der Befreiungskriege trat er in ein Husarenregiment ein, beteiligte sich 1815 in der Schlacht bei Waterloo und zog im Juli mit den preußischen Truppen in Paris ein. Im Januar 1816 schied er als Offizier aus dem Militärdienst. In Halberstadt, wo einer seiner Brüder als Baumeister tätig war, arbeitete er weiter an seiner Ausbildung und bestand im Dezember 1816 die Prüfung zum Feldmesser. In den Folgemonaten arbeitete er unter dem Regierungs- und Baurat Andreas Clemens in Magdeburg an den Kirchenbauten in Neustadt und Sudenburg, beteiligte sich auch an Planungen für Kasernenbauten. Zur Vorbereitung seines Examens im Baufach ging er im Herbst 1818 nach Berlin, hörte dort Vorlesungen bei Johann Philipp Gruson (1768-1857), Ludolph Lehmus (1780-1863) und Sigismund Friedrich Hermstaedt (1760-1833). Gern besuchte er auch die Predigten des von ihm hoch verehrten Theologen und Philosophen Friedrich Schleiermacher (1768-1834). Nach einer Bildungsreise durch Deutschland, Oberitalien und die Schweiz legte er im Dezember 1820 in Berlin sein Examen ab. Im Juni 1822 wurde er in Magdeburg zum Landbauinspektor ernannt. Zwei Jahre später heiratete er die Tochter eines Regierungs- und Konsistorialrates aus Dessau. 1826 übertrug ihm Wilhelm Anton von Klewiz (1760-1838) die Oberbauleitung zur Wiederherstellung des Magdeburger Doms. Diesen Auftrag führte er bis 1831 mit Andreas Clemens und Carl Rosenthal (1801-1879) aus. Zusammen mit diesen beiden Architekten gab er später ein Werk über den Magdeburger Dom heraus. Neben der Restaurierung des Doms widmete sich M. auch Arbeiten an zahlreichen Kirchen und Schulen des Magdeburger Baukreises.

Im April 1831 wurde M. zum Regierungs- und Baurat in Köslin ernannt. Vor seinem Fortgang verlieh ihm seine Heimatstadt aufgrund seiner Verdienste um die Wiederherstellung des Doms das Ehrenbürgerrecht. Nur zwei Jahre später kehrte M. als Regierungs- und Baurat nach Magdeburg zurück. Hier gehörte er zu den Initiatoren zur Gründung des Magdeburger Kunstvereins. Er begeisterte sich für den technischen Fortschritt, insbesondere den Eisenbahnbau. Dieser sollte nun sein hauptsächliches Betätigungsfeld werden. Er übernahm die Leitung des Magdeburg-Leipziger Eisenbahnbaus, reiste nach England, um sich über entsprechende Neuerungen zu informieren. Er wurde Mitglied der Direktion der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn und leitete 1851 auch den Bau der Eisenbahn von Magdeburg nach Halberstadt.

Anfang der 40er Jahre wurde M. nach Berlin berufen. Hier war er 1843 an der Ausarbeitung baupolizeilicher Bestimmungen und technischer Eisenbahnvorschriften für Preußen beteiligt. Als Geheimer Regierungsrat wurde er in das Finanzministerium berufen und 1844 zum Geheimen Finanz- und vortragenden Rat, 1847 zum Geheimen Oberfinanzrat ernannt. Er bearbeitete technische Eisenbahnangelegenheiten und prüfte zahlreiche Eisenbahnprojekte. Ab 1848 stand er dem Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten vor. Er gab den Anstoß zu Modernisierungen in der Verwaltungsstruktur, da nach seiner Auffassung Baufach, Technik und Verwaltung aufeinander abgestimmt sein müssten. 1850 wurde M. zum Ministerialdirektor ernannt; er stand an der Spitze der Abteilung für Bauwesen und für Eisenbahnen. Anlässlich der Eröffnung der Ostbahn nach Königsberg im August 1853 wurde M. zum Königlichen Generalbaudirektor ernannt. Vier Jahre später erhielt er den roten Adlerorden II. Klasse.

Von zahlreichen weiteren Aktivitäten sollen seine führende Beteiligung an den Beratungen zum Regulierungsplan der Oder (1849), sein Engagement für Ausbildungsfragen im Bauwesen und als Mitglied im Berliner Architektenverein (seit 1844) genannt sein. Zudem war er auch beteiligt an der Entwicklung der Telegraphie, indem er mit dem General und Telegraphendirektor Franz August O`Etzel (auch Etzel, 1784-1850) und Prof. Heinrich Wilhelm Dove (1803-1879) Experimente zu deren Anwendungsmöglichkeiten im Eisenbahnverkehr durchführte.

Der Bildhauer Gustav Blaeser (1813-1874) schuf 1860 eine Marmorbüste von M. Sie stand einst im Treppenhaus der Berliner Bauakademie und wurde später der Büstensammlung der Technischen Universität  (TU) Berlin zugeführt wurde. Nachdem sie jahrelang verschollen war, konnte sie nach Entdeckung auf einer Auktion im Jahr 2011 wieder an die TU Berlin zurückkehren.

Die preußischen Baumeister errichteten auf dem Louisenstädtischen Friedhof  in Berlin das Grabmal für M.

Hoffmann, C.: Nekrolog, in: Zeitschrift für Bauwesen, Jg. IX, Berlin 1859, Sp. 273-280; Stadtarchiv Magdeburg, Rep. II B 27 spec. 5 Bd. 1; http://www.pressestelle.tu-berlin.de/newsportal/vermischtes/2011/tui 05.
                                                                                                                                                                                                                                                          

Maren Ballerstedt