80. Jahrestag: Erinnerung an das Massaker am Stadion „Neue Welt“
Der Todesmarsch zum Kriegsende
Das letzte Jahr des Zweiten Weltkrieges 1945 begann mit dem absehbaren Zusammenbruch des Deutschen Reiches. Bereits ab Sommer 1944 wurden Konzentrationslager nahe der Front geräumt und tausende Häftlinge in Kolonnen zu Fuß in die verbliebenen Lager geschickt. Viele von ihnen starben während dieser Todesmärsche an Krankheiten, Erschöpfung oder der Gewalt der Aufseher.
Als amerikanische, britische und sowjetische Truppen vor den Toren Magdeburgs standen, wurde das KZ-Außenlager des Polte-Rüstungswerks – Magdeburgs größtes Arbeitslager mit rund 3.000 Frauen und 600 Männern aus Mittel- und Osteuropa – geräumt und per Fußmarsch zu den KZ Ravensbrück und Sangerhausen getrieben.
Das Massaker im Osten Magdeburgs
Am Stadtrand, auf dem Gelände der Sportanlage „Neue Welt“, gerieten die Häftlinge ins Kriegsgeschehen: Die Kolonne wurde von amerikanischen Artillerietruppen mit Granaten beschossen. Panisch zerstreuten sich die Frauen und Männer und suchten Deckung – daraufhin schossen die Aufseher des Volkssturms auf die fliehenden Menschen. Nach einer halben Stunde im Feuergefecht waren zahlreiche Menschen ums Leben gekommen oder schwer verletzt. Die übrigen Häftlinge wurden zusammen- und weitergetrieben.
Nach Kriegsende wurde niemand zur Verantwortung gezogen und als Täter verurteilt. Von dem schrecklichen Ereignis erzählen heute Augenzeugenberichte der Überlebenden und Verwaltungsakten. Wie viele Menschen in dem Massaker starben, lässt sich jedoch nicht gesichert feststellen. Historikerinnen und Historiker vermuten an die hundert Todesopfer.
Der Gedenkort an der Berliner Chaussee
An den Todesmarsch der KZ-Häftlinge und das Massaker erinnert heute ein Gedenkstein. Anfang der 1980er Jahre wurde nahe des ehemaligen Sportgeländes „Neue Welt“ ein Findling mit einer Tafel aufgestellt. Die Inschrift lautet: „13. April 1945: Hier wurden hunderte von KZ-Häftlingen von den faschistischen Verbrechern ermordet. Menschen seid wachsam!“ Eine weitere Tafel erinnert an die Folteropfer einer an dieser Stelle ehemals befindlichen NS-Einrichtung.
Gepflegt und betreut wird der Gedenkort seit Jahren von Magdeburger Jugendlichen im städtischen Projekt „Bunte Schulwerkstatt“. Im Herbst vergangenen Jahres wurde der Gedenkstein, der zuvor auf einem privaten Grundstück stand, in den nahegelegenen Kastanienhain an der Berliner Chaussee 217 verlegt und dort genau wie zuvor wiederhergerichtet.
Das Gedenken zum Kriegsende in Magdeburg
Engagierte Bürgerinnen und Bürger aus Ostelbien richteten aus Anlass des 80. Jahrestags am Gedenkstein am 13. April um 13 Uhr eine Gedenkstunde aus.
Am 23. April findet um 17 Uhr in der Stadtbibliothek Magdeburg am Breiten Weg eine kommentierte Lesung aus Akten und Zeitzeugenberichten unter dem Titel »Die letzte Etappe. Todesmarsch und Massaker am Stadion »Neue Welt«« statt.
Am 8. Mai wird europaweit der „Tag der Befreiung“ begangen, der das Ende des 2. Weltkriegs vor 80 Jahren markiert. An der Gedenkstunde des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge beteiligt sich auch die Oberbürgermeisterin mit einem Grußwort und einem Blumengesteck auf dem Feld der Vereinten Nationen auf dem Friedhof Westerhüsen.
Auch das Stadtarchiv hat eine Reihe von Veranstaltungen geplant, die den Anlass des Kriegsendes vor 80 Jahren mit der Erinnerung an die erste große Zerstörung Magdeburgs am 10. Mai 1631 verbindet. Weitere Informationen hierzu finden Sie im Veranstaltungsflyer.