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Wilhelm Anton von Klewiz

 

 

 

Klewiz, Wilhelm Anton von (seit 1803), Dr. phil h. c.

geb. 1. August 1760 in Magdeburg, gest. 26. Juli 1838 in Magdeburg,

Jurist, preußischer Verwaltungsbeamter, Finanzminister,
Oberpräsident der Provinz Sachsen und Regierungspräsident,
Wirklicher Geheimer Rat

 

 

 

K. stammt aus bürgerlichen Verhältnissen. Er wurde als Sohn des Kriminalrates und Gerichtsadvokaten Johann Ehrenfried K. (1706-1766) geboren. Er besuchte die Domschule seiner Heimatstadt, studierte anschließend 1779-1781 in Halle und Göttingen Rechtswissenschaften und widmete sich zusätzlich mathematischen, technologischen und chemischen Studien. 1783 trat er als Referendar seinen Dienst in der Kriegs- und Domänenkammer Magdeburg an. 1784/85 hielt er sich in Berlin auf, wo er sich weiteres Fachwissen in der übergeordneten Behörde, dem Generaldirektorium, speziell im Departement für Bergwerks- und Hüttenwesen, aneignete. Dann kehrte er in die Behörde nach Magdeburg zurück, wurde Assessor, 1790 Kriegs- und Domänenrat. Von 1793 bis 1795 war er Vortragender Rat beim Südpreußischen Departement, einer Abteilung des Generaldirektoriums in Berlin. Sie befasste sich mit der verwaltungsmäßigen, rechtlichen und fiskalischen Eingliederung der bei den polnischen Teilungen an Preußen gefallenen Gebiete. 1794 heiratete K. in Magdeburg die Kaufmannstochter Karoline Henriette Auguste Rumpff (1775-1832). 1795 erschien seine viel beachtete Veröffentlichung über die Steuerverfassung des Herzogtums Magdeburg. Im gleichen Jahr kehrte er als Kammerdirektor wieder zur Kriegs- und Domänenkammer nach Magdeburg zurück. Bis 1798 blieb er bei dieser Behörde. 1796 lernte er Theodor von Schön (1773-1856) kennen; eine lebenslange Freundschaft sollte K. mit dem bedeutenden preußischen Reformer verbinden. Als Geheimer Oberfinanzrat trat K. 1798 zum zweiten Mal in das Südpreußische Departement in Berlin ein. Reformen gegenüber aufgeschlossen, strebte K. die Trennung von Justiz- und Verwaltungsangelegenheiten sowie die Befreiung der Domänenbauern im gesamten Königreich Preußen an. 1803 geadelt, führte er ab 1804 zeitweise das Kammerpräsidium in Posen und leitete 1805 die Mobilmachung der preußischen Truppen in den Bezirken Posen, Kalisch und Warschau der Provinz Südpreußen. Nach dem Zusammenbruch Preußens 1806 folgte er König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) nach Ostpreußen. Er lebte in den Jahren 1806 bis 1809 in Königsberg, Memel und wieder in Königsberg. Aufgrund seiner Verwaltungserfahrung und seiner Kenntnisse als Finanzfachmann wurde er in die 1807 durch Karl August von Hardenberg (1750-1822) gebildete, später von dem Reichsfreiherrn vom und zum Stein (1757-1831) geleitete Kombinierte Immediatkommission zur Neugestaltung des preußischen Staates berufen und übernahm zunächst deren Vorsitz. Die Mitglieder dieser Kommission hatten einen wichtigen Anteil an der Erarbeitung und Durchführung der Stein-Hardenbergischen Reformen. Sie arbeiteten die Gesetze aus und begutachteten Reformvorschläge Dritter. Im Juli 1808 wurde die Kommission unter Steins Vorsitz in General-Finanz- und Polizeidepartement umbenannt. K. erhielt auch hier eine leitende Stelle. Zusammen mit Theodor von Schön entwarf er im Auftrag Hardenbergs die „Verordnung über die veränderte Staatsverfassung aller oberster Staatsbehörden“ vom 27. Oktober 1810. Im November jenes Jahres wurde K. zum Staatssekretär im Staatsrat ernannt. Nachdem er 1810 bis 1813 in Berlin gelebt hatte, führten ihn neue dienstliche Aufgaben in seine Heimat zurück. Während der Befreiungskriege wurde er 1813 zum Zivilgouverneur der ehemals preußischen Gebiete zwischen Weser und Elbe, die nun von der westphälischen Herrschaft befreit waren, berufen. Der Amtssitz befand sich in Halberstadt. Die Stadt Magdeburg überreichte ihm am 2. Juni 1814 die goldene Bürgerkrone und setzte ihn einige Jahre später an die 1. Stelle ihrer Ehrenbürgerliste. K. war auch Ehrenbürger der Städte Halle und Halberstadt sowie Ehrendoktor der Universität Halle-Wittenberg, für deren Wiedereröffnung er sich mit Erfolg eingesetzt hatte. In der Verfassungsfrage sah er keine Notwendigkeit der Einlösung des königlichen Verfassungsversprechens vom Mai 1815, sondern befürwortete die altständische Verfassung.

1816 wurde K. zum Wirklichen Geheimen Rat und Ende 1817 zum preußischen Finanzminister ernannt. In dieser Funktion arbeitete er an der Durchführung des bereits unter seinem Amtsvorgänger entworfenen preußischen Zollgesetzes vom 28. Mai 1818 und verteidigte es gegen dessen Gegner. Doch insgesamt endete seine Tätigkeit als Finanzminister 1824 eher glücklos. Er kehrte nach Magdeburg zurück und wurde 1825 Oberpräsident der preußischen Provinz Sachsen. Der bisherige Oberpräsident Friedrich Christian Adolph von Motz (1775-1830) folgte ihm als Finanzminister nach. Als Oberpräsident widmete sich K. besonders Kirchen- und Schulangelegenheiten, dem Berg- und Hüttenwesen, der Steuer- und Abgabenvereinheitlichung, der Verbesserung der Verkehrswege und der Restaurierung des Magdeburger Domes. Ihm oblag auch die Aufgabe, den Vorsitz über den neu eingerichteten Landtag zu übernehmen. Im Auftrag des preußischen Königs eröffnete er ihn als  Landtagskommissar am 2. Oktober 1825.

König Friedrich Wilhelm III. ehrte K. 1833 anlässlich seines 50-jährigen Dienstjubiläums mit dem Schwarzen Adlerorden. Vier Jahre später schied K. aus dem Amt des Oberpräsidenten.

K. war u. a. Ehrenmitglied der Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit“, 1810 Mitbegründer der Reiche-Klewit(z)schen Familienstiftung und der Luisenstiftung, einer Erziehungsanstalt in Berlin.   

Herzfeld, Hans: Wilhelm Anton v. Klewiz, in: Mitteldeutsche Lebensbilder, hg. von der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt, Bd. 1: Lebensbilder des 19. Jahrhunderts, Magdeburg 1926, S. 12-30; Ehrenbürger der Stadt Magdeburg, bearb. v. Stadtarchiv Magdeburg, Magdeburg 1994; Neue Deutsche Biographie, Bd. 12, Berlin 1980; Zur Erinnerung an das funfzigjährige Amts-Jubiläum Sr. Excellenz des Königl. Preuss. Wirklichen Geheimen Staats-Ministers Herrn Dr. Wilhelm Anton von Klewiz am 9. Mai 1833, Magdeburg o. J. (1833); Heinrich, Guido/Schandera, Gunter (Hg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert, Magdeburg 2002; Willenius, Roswitha: Wilhelm Anton von Klewitz (1760-1838), in: Tullner, Mathias (Hg.): Persönlichkeiten der Geschichte Sachsen-Anhalts, Halle 1998, S.270-273; Dräger, Udo: Steins Reformpartei im Staatsapparat, in: Donnert, Erich (Hg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt, Bd. 6: Mittel-, Nord- und Osteuropa, Köln/ Weimar/ Wien 2002, S. 799-828. 

                                                                                                                                                                Maren Ballerstedt