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Dr. phil. h.c., Dr. theol. h.c. Carl Christoph Gottlieb Zerrenner

 

 

 

 

 

 

 

geb. 15. Mai 1780 in Beyendorf bei Magdeburg
gest. 2. März 1851 in Magdeburg

Pädagoge, Theologe, Schriftsteller, Schulreformer, Konsistorial- und Schulrat

 

 

Z. wurde als dritter Sohn des Pfarrers zu Beyendorf Heinrich Gottlieb Z. (1750-1811) und seiner ersten Frau Christiane Carolina (Catharine) geb. Wagner (1757-1788) geboren. Sein Vater, ein anerkannter Lehrer, Theologe und Schriftsteller, erteilte ihm den ersten Unterricht. In seinem Elternhaus verkehrten bekannte Pädagogen wie Johann Bernhard Basedow (1724-1790), Freiherr Friedrich Eberhard von Rochow (1734-1805) und Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811), wodurch schon früh sein Interesse für pädagogische Fragen geweckt wurde. Nach dem Tod der Mutter zog die Familie 1788 nach Derenburg um. Der Vater war dort zum Oberprediger und königlichen Inspektor berufen worden und heiratete die Witwe des Arztes Dr. Friedrich Wilhelm Ritter, Dorothea Elisabeth Messow (1754-1799). Unter deren Kindern war auch der spätere Begründer der wissenschaftlichen Geographie, Carl Ritter (1779-1859). Ab 1791 besuchte Z. das Pädagogium des Klosters Berge. An der Universität Halle studierte er ab 1799 Theologie, hörte aber auch die pädagogischen Vorlesungen von August Hermann Niemeyer (1754-1828), die ihn sehr beeinflussten. Nach dem Studium war Z. ab 1802 zunächst als Privatlehrer tätig, erhielt aber noch im gleichen Jahr eine Anstellung als Lehrer am Pädagogium zum Kloster Unser Lieben Frauen. Er unterrichtete die Fächer Deutsch, Latein, Griechisch, Religion, Philosophie und Mathematik. Seine Tätigkeit am Pädagogium endete bereits 1805, als Z. zum zweiten Prediger nach Johann Ernst Christian Blühdorn (1767-1842) an der Heilig-Geist-Kirche gewählt wurde. Nach Blühdorns Ausscheiden erhielt Z. die Stelle des ersten Predigers und wurde als Kanzelredner und Seelsorger von den Magdeburgern hoch geachtet. 1816 ernannte ihn der preußische König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) zum Konsistorial- und Schulrat der Provinz Sachsen.

Mit dem Amtsantritt von Oberbürgermeister August Wilhelm Francke (1785-1851) 1817 setzte in Magdeburg eine Zeit zahlreicher Reformen ein. Eines der Hauptanliegen Franckes war die Neuordnung des Schulwesens. Dabei wurde er maßgeblich von Z. unterstützt, dem als Mitglied des Konsistoriums die Aufsicht über das Volksschulwesen der Provinz Sachsen oblag. Francke ernannte Z. auch zum Stadtschulinspektor und Leiter der städtischen Schulkommission, in der auch Georg Friedrich Gerloff (1772-1842) und Johann Georg Christoph Neide (1756-1836) tätig waren. Es wurden mehrere Vorschläge zur Reformierung des Magdeburger Schulwesens erarbeitet. Letztendlich wurde der Plan Z.s umgesetzt, wodurch er als eigentlicher Schöpfer des neuen Schulwesens anzusehen ist. Mit der Anlegung von Verzeichnissen aller schulpflichtigen Kinder wurde die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht überwacht. Z. setzte ein System von sich ergänzenden Schulen durch, in denen es festgelegte Lehrpläne, Ausstattungen und Gehälter für die Lehrer gab. Es wurden neue Schulen errichtet. In den Volksschulen gab es Schulgebührenfreiheit und kostenlose Lehrmittel. Die geistliche Schulaufsicht wurde abgeschafft. Für die damalige Zeit war das Schulsystem sehr modern und fand auch überregional Beachtung. Da Z. der Lehrerausbildung große Aufmerksamkeit schenkte, gab er seine Stelle als Prediger auf und übernahm 1823 die Stelle des Direktors des königlichen Schullehrerseminars. 1828 gelang es ihm, das Seminar mit einer Taubstummenanstalt zu verbinden, um die zukünftigen Lehrer auch mit den dort notwendigen Unterrichtsmethoden bekannt zu machen. Für seine Verdienste um das Schulwesen verlieh ihm die Stadt Magdeburg 1825 die Ehrenbürgerwürde. Z. publizierte zahlreiche Monographien, Aufsätze und Lehrbücher, die weithin Beachtung fanden. Nach dem Tod Gotthilf Sebastian Rötgers (1749-1831) wurde Z. im Mai 1831 durch den Konvent zum neuen Propst des Klosters Unser Lieben Frauen gewählt. Eine Würdigung seiner Leistungen erfuhr Z. auch durch die Verleihung der philosophischen Ehrendoktorwürde durch die Universität Leipzig (1833) und der theologischen durch die Universität Halle (1834). Obwohl er als Propst und Direktor des Pädagogiums zum Kloster Unser Lieben Frauen sowie Inhaber zahlreicher anderer Ämter mit seinen Ansichten zunehmend mit der staatlichen und städtischen Verwaltung in Konflikt geriet und sein Einfluss ab 1840 immer weiter beschnitten wurde, gehört Z. zu den bedeutendsten Pädagogen Magdeburgs.

Heinrich, Guido/Schandera, Gunter (Hg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert, Magdeburg 2002; Gründler, E.: Das ehemalige magdeburger Seminar bis zu seiner Verlegung nach Barby, in: Blätter für Handel, Gewerbe und sociales Leben, Nr. 32 v. 07.08.1899; Kreinberger, Jochen: Carl Christoph Gottlieb Zerrenner (1780–1851). Schulreformer – Lehrerbildner – Propst, in: Wolfgang Winkelmann/ Kreinberger, Jochen: Lehrer, Pröpste und Rektoren. Persönlichkeiten aus der Geschichte des Pädagogiums am Kloster Unser Lieben Frauen (zu) Magdeburg, Magdeburg 2000, S. 71-90; Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen, Bd. 9: Biogramme Tr-Z, hg. vom Verein für Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen e. V. und anderen, Leipzig 2009; Ehrenbürger der Stadt Magdeburg, bearb. vom Stadtarchiv Magdeburg, Magdeburg 1994; http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Christoph_Gottlieb_Zerrenner.                                                                                                  

                                                                                                                                                                                          Konstanze Buchholz